#47 Kati Westendorf (equinality), wie lebt man als Tierbesitzerin mit Post-Covid?

Shownotes

Kati Westendorf, auch bekannt als Equinality, ist Psychologin und beschäftigt sich mit Stressabbau und Emotionsregulation. Gleichzeitig ist sie aber auch Dinofan, Pferde- und Hundebesitzerin und chronisch krank. Unter anderem hat sie die Krankheit Post-Covid, auch bekannt als ME/CFS. Seit ihrer Erkrankung heißt es für sie: Mit den Kräften haushalten, Hilfe annehmen und Strategien finden, die funktionieren. In dieser Podcastfolge erzählt Kati von ihren persönlichen Herausforderungen und dem Alltag mit chronischen Erkrankungen, aber auch warum Tiere heilsam und gleichzeitig auch stressig sein können.

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Die erwähnte Folge zum Thema Pause

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Intromusik: →ElephantGreen

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00:00:04: Psycholohü, der Podcast über Pferde und Psychologie.

00:00:07: Wir sind Carina Warnstädt, Pferdegestützer und Hypnose-Coach, mit abgeschlossenem

00:00:12: Psychologiestudium und Autorin.

00:00:13: Und Lea Schneider, PferdeverhaltensTrainerin und

00:00:16: Unterstützung für Selbstständige als virtuelle Assistenz.

00:00:18: Wir nehmen dich mit in unsere Gedanken zu verschiedenen Themen aus dem

00:00:22: Bereich Pferd-Mensch-Beziehung und in spannende Interviews zu den

00:00:25: Themen Pferde und Psychologie.

00:00:29: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Psycholohü.

00:00:33: Heute wieder mit einem Gast, der in unseren Bereich sehr gut reinpasst.

00:00:37: Deswegen würde ich sagen, ich übergebe direkt an dich.

00:00:39: Stell dich gerne einmal kurz vor.

00:00:42: Hallöchen, erst mal danke für die Einladung.

00:00:45: Ich bin Kati von Equinality und ich bin Psychologin, arbeite

00:00:51: hauptberuflich mit Tiermenschen und deren emotionalen Herausforderungen, vor allem

00:00:56: wenn sie chronisch kranke Tiere vielleicht haben, aber auch, wenn wenn sie aus

00:01:00: anderen Gründen in Richtung Fellnasenburnout, sage ich immer,

00:01:03: abrutschen, also wenn einfach die Freude verloren geht und das Hobby

00:01:07: oder auch der Lebensinhalt nicht mehr die Ressource ist, die es mal war.

00:01:10: Das ist so mein Hauptschwerpunkt.

00:01:13: Und auf der anderen Seite unterstütze ich aber auch Menschen in Tierberufen, damit

00:01:18: sie die emotionalen Herausforderungen ihrer Kund: innen gut begleiten können.

00:01:23: Genau, ich bin 33 mittlerweile.

00:01:26: Klingt wild, gehört aber vielleicht auch ein bisschen in die Vorstellung heute,

00:01:29: weil es ja eine andere Podcast-Folge wird und ich bin ganz gespannt,

00:01:33: was ich so teilen darf und soll und worüber wir reden werden.

00:01:38: Ja, du hast das gerade schon ganz gut angeteasert.

00:01:41: Das soll diesmal gar nicht so sehr um deinen Beruf gehen.

00:01:46: Wir haben uns ein bisschen die Freiheit genommen und dich gefragt, ob

00:01:50: du persönlich werden möchtest.

00:01:52: Du darfst natürlich jederzeit, wenn es dir zu persönlich wird, auch

00:01:55: Bescheid sagen und das... Etwas nicht teilen.

00:01:58: Aber du Du hilfst ja nicht nur anderen Menschen, wenn die Tiere chronisch

00:02:04: erkrankt sind, sondern du lebst auch selber mit einer chronischen Erkrankung.

00:02:07: Ist das richtig und magst du uns davon ein bisschen was teilen?

00:02:13: Ja, ihr dürft mich so ein bisschen lenken und bremsen, weil es ist tatsächlich nicht

00:02:17: nur eine chronische Erkrankung, aber ich denke mal, das, was jetzt vielleicht auch

00:02:22: auf Instagram ab und zu mal Thema war und worauf wir heute so ein bisschen mehr

00:02:26: schauen wollen, ist ja das Thema Post-COVID, was ja vor drei Jahren

00:02:33: ungefähr in mein Leben dazugekommen ist.

00:02:37: Hätte ich mir anders gewünscht, kann ich schon mal sagen.

00:02:41: Also kann ich nicht empfehlen.

00:02:43: Aber mittlerweile habe ich irgendwie so einen Rhythmus, glaube ich, gefunden.

00:02:49: Zusätzlich habe ich aber auch seit meiner Kindheit schon Migräne und das

00:02:54: hängt so ein bisschen zusammen.

00:02:55: Das heißt, es kann sein, dass ich darauf heute ab und zu auch noch mal eingehe,

00:02:58: weil nicht nur an sich Symptome mitgebracht

00:03:02: hat, sondern auch Dinge, die schon da waren, eben verstärkt hat.

00:03:05: Und das ist so ein bisschen die Kombination, die es manchmal

00:03:08: herausfordernd macht.

00:03:10: Und was keine Erkrankung ist, aber trotzdem vielleicht gesagt werden sollte,

00:03:14: weil auch das mit zusammenhängt: Ich bin außerdem neurodivergent, also ADHS

00:03:18: gesichert und gerade noch in der Autismusdiagnostik, was eben auch ein

00:03:23: Stück weit mit reinspielt, weil dann eben Symptome jetzt nicht mehr so gut

00:03:28: kompensiert werden können, weil dafür die Kapazität da ist und so weiter.

00:03:32: Das ist, glaube ich, das Wichtigste, was man wissen muss.

00:03:35: Die anderen Sachen lasse ich einfach mal weg, es einfach zu machen.

00:03:38: Wir können da gerne reingehen. Fragt mich alles.

00:03:41: Ich kann meine Grenzen gut wahren.

00:03:43: Ihr dürft einfach jede Frage stellen und dann gucken wir.

00:03:48: Ja, du unterstützt ja nicht nur andere Leute mit ihren Tieren.

00:03:52: Du hast ja selber auch eine ganze Menge zu Hause.

00:03:55: Wie sehr schränken dich da deine Erkrankungen ein oder wie sieht es dann im

00:03:59: Alltag für aus, deinen Tieren gerecht zu werden, ohne dass du selber

00:04:03: komplett dabei untergehst?

00:04:07: Warte kurz, die Frage muss ich sortieren.

00:04:10: Nein, Spaß, bisschen beiseite.

00:04:13: Ich glaube, erst mal darf man wissen, dass ich wahnsinnig privilegiert

00:04:18: eigentlich noch bin mit dieser Erkrankung.

00:04:20: Also es gibt noch deutlich, deutlich schlimmere Verläufe.

00:04:23: Vielleicht darf ich ganz kurz einmal einhaken.

00:04:25: Vielleicht erklären wir noch mal für alle, die es nicht wissen, was

00:04:27: so deine Symptome sind.

00:04:29: Ich glaube, die meisten können zwar mittlerweile mit Post-COVID was anfangen,

00:04:32: aber es gibt ja doch unterschiedliche Ausprägungen auch von den Symptomen.

00:04:36: Vielleicht holen wir dann noch mal ganz kurz alle ab, bevor wir

00:04:38: jetzt zu tief einsteigen.

00:04:40: Ja, voll.

00:04:41: Und ich beschränke mich mal auf so 5 bis 10 Hauptsymptome, sonst wird es lang,

00:04:47: weil das einfach eine Erkrankung ist, die den ganzen Körper, das ganze Nervensystem,

00:04:52: aber auch alle möglichen Organsysteme und so weiter betreffen kann.

00:04:56: In meinem Fall ist es so, dass ich vor allem voran dieses klassische

00:05:01: Thema von Belastungsintoleranz.

00:05:03: Das heißt, wenn ich körperlich, emotional, kognitiv in irgendeiner Weise über diese,

00:05:10: nennen wir sie fiktive Grenze schreite, weil niemand kann sie ganz genau benennen,

00:05:15: Dann kann es sein oder ist es sehr wahrscheinlich so, dass sich meine

00:05:18: Symptome zumindest zeitweise verschlechtern.

00:05:21: Sie können sich aber auch für immer verschlechtern und ich bleibe

00:05:25: dann auf einer sogenannten schlechteren Baseline.

00:05:28: Baseline nennen wir den Punkt, wo wir sonst mit einer

00:05:32: chronischen Erkrankung herumdümpeln.

00:05:34: Das, was andere gesunde Menschen einfach als gesund und normal bezeichnen würden,

00:05:38: hat bei uns immer mit einer gewissen Symptomenlast zu tun.

00:05:43: Und zusätzlich zu dieser Belastungsintoleranz, die ich im Auge

00:05:46: haben muss, gehört bei mir aber ganz klar nach vorne dieses Thema Nervenschmerzen,

00:05:53: was eben auch mit meiner Migräne kollidiert.

00:05:57: Mein kleiner Hund möchte auch etwas dazu sagen.

00:05:59: Es könnte sein, dass man den zwischendurch hört, nicht wundern.

00:06:02: Genau.

00:06:04: Und dann aber auch auf der kognitiven Ebene ganz doll zwischendurch das Problem,

00:06:10: Worte zu finden und auch mich auszudrücken.

00:06:14: Also ich habe dann so ein bisschen das Gefühl, als wäre meine Zunge so eine Tonne

00:06:19: schwer und ich kann nur so richtig langsam sprechen.

00:06:22: Das ist heute ganz gut, das merkt man mir meistens beim Arbeiten nicht an, weil ich

00:06:26: früh genug meistens die Kurve kriege und mich schone.

00:06:33: Sehstörungen, also generell eine wahnsinnige Reizsensitivität.

00:06:37: Also alles ist mir im Endeffekt schnell zu viel – war es schon immer, obviously, bei

00:06:43: Neurodivergenz, aber ist halt richtig, richtig stark geworden.

00:06:47: Ja, verschiedene andere Schmerzen noch, Magen, Darm, großes Thema.

00:06:52: Ich vertrag fast keine Lebensmittel mehr.

00:06:56: Ja, so in die Richtung.

00:06:58: Ich glaube, dann kann man sich ein bisschen vorstellen, dass ganz viele

00:07:01: Ebenen irgendwie betroffen sind.

00:07:03: Und im Alltag, habt ihr vollkommen recht, habe ich ja einige Fellnasen bei mir.

00:07:08: Es sind jetzt mittlerweile leider nur noch zwei Hunde und meine vier Ponies

00:07:14: und zwei Hofkatzen haben wir noch hier, aber die können sich zum Glück

00:07:18: relativ gut selbst versorgen.

00:07:20: Da habe ich gar nicht so viel mit zu tun, außer ein bisschen zu kraulen.

00:07:24: Genau, und auch da muss man sagen, bin ich wahnsinnig privilegiert, dass ich ein

00:07:30: richtig gutes Unterstützungsumfeld habe, weil ansonsten hätte meine Zukunft

00:07:34: definitiv ohne Pferde ausgehen müssen, sage ich mal.

00:07:39: Wenn die nicht hier bei mir vor dem Haus wären – mir geht es ja jetzt heute auch

00:07:42: viel, viel besser als noch vor zwei Jahren oder so –, wenn die nicht vor meiner

00:07:46: Haustür wären, hätte ich es gar nicht geschafft, irgendwie zum Stall zu kommen

00:07:49: oder so, weil es zeitweise so stark mit der Fatigue, also dieser Erschöpfung, die

00:07:55: damit einhergeht, ist, dass ich phasenweise wirklich

00:07:59: 23 Stunden im Bett lag.

00:08:01: Und die eine Stunde beinhaltet auch so was wie Pinkeln gehen oder

00:08:07: irgendwie was trinken oder so.

00:08:09: Genau.

00:08:10: Und deshalb bin ich sehr, sehr froh, dass ich hier dieses Unterstützungsumfeld habe

00:08:15: und auch, dass die Ponys hier direkt vor der Haustür wohnen.

00:08:18: Sonst wäre das für mich zumindest locker zwei Jahre lang gar nicht

00:08:22: möglich gewesen und heute so …

00:08:25: Wenn ich mir jetzt vorstelle, was auf mehreren Ebenen natürlich komisch ist,

00:08:29: aber sie stünden jetzt in so einem Pensionsbetrieb, in Vollpension oder so,

00:08:34: dann würde es vielleicht irgendwie reichen, wenn ich an den Tagen nicht

00:08:37: arbeite, dass ich irgendwie zweimal die Woche hin kann.

00:08:40: Wenn dann da aber viele Menschen zum Beispiel sind, kann ich halt damit

00:08:43: rechnen, dass ich zwei weitere Tage im Anschluss, mindestens,

00:08:46: dann eher nur rumliege.

00:08:49: Und dementsprechend funktioniert mein Leben eigentlich nur, weil es hier

00:08:52: so mega reizbar am ansonsten ist.

00:08:56: Ja, krass.

00:08:56: Ich glaube, das war jetzt noch mal auch ein gutes Bild für alle, zu verstehen,

00:09:01: was diese Krankheit eigentlich bedeutet.

00:09:04: Ich glaube, man hört zwar viel davon, aber das dann noch mal so in dem Detail

00:09:08: mitzubekommen, ist ja doch was anderes.

00:09:10: Wenn man jetzt in seinem Umfeld niemanden hat, der betroffen ist, ist einem

00:09:12: das vielleicht ja gar nicht so klar.

00:09:14: Und ich glaube, das so auf die Tiere zu übertragen, hilft dann auch noch mal zu

00:09:17: sehen, was das tatsächlich für dich bedeutet.

00:09:20: Du hast jetzt aber gerade schon gesagt, es ist jetzt deutlich besser

00:09:23: als vor zwei Jahren.

00:09:25: Ist das quasi, ich sage mal in Anführungszeichen von

00:09:29: selbst besser geworden Oder hast du dafür was getan in irgendeiner Form?

00:09:33: Wir wissen ja, dass es irgendwie immer noch sehr schwierig ist, dass es keine

00:09:36: richtigen Medikamente, keinen wirklich evidenzbasierten

00:09:39: Behandlungsplan gibt oder so.

00:09:42: Vielleicht kannst du dazu was sagen, wie das bei dir war.

00:09:44: Ich weiß, das ist total individuell, aber vielleicht kann jemand

00:09:47: was davon mitnehmen.

00:09:49: Ja, genau.

00:09:50: Das würde ich auf jeden Fall auch noch mal betonen, was du eh schon

00:09:52: gesagt hast, Carina.

00:09:53: Das ist super individuell und bitte habt nicht ein schlechtes Gefühl, wenn ihr

00:09:57: jetzt von mir Dinge hört und sagt: „Das mache ich aber ja schon.

00:10:00: Wieso wird es nicht besser?" Also im Endeffekt ist die Antwort erst mal

00:10:03: keine Ahnung, warum es bei mir ein Stück besser geworden ist, so dumm es klingt.

00:10:07: Ich glaube, es ist halt eine große Portion auch einfach Glück, auf der anderen Seite

00:10:11: aber auch wirklich radikale Entscheidungen für mein Leben, die ich getroffen habe.

00:10:16: Also mein Leben findet nur noch auf diesem Hof ja eigentlich statt.

00:10:21: Dazu muss man sagen, ich habe auch noch einen kleinen Hund dazu

00:10:24: bekommen, als ich schon Post-COVID hatte.

00:10:27: Das ist so eine richtig schlaue Idee, Leute.

00:10:29: Aber ja, na ja, gute Ideen haben wir manchmal mit unseren Tieren.

00:10:33: Der hat seit einem Unfall wahnsinnig viele Themen, vollkommen egal

00:10:39: jetzt eigentlich, aber eben auch eine starke Trennungsangst.

00:10:42: Das heißt, ein bisschen hilft er mir dabei, ein gutes Argument zu haben, was

00:10:46: nicht meine Erkrankung ist, diesen Hof nicht zu verlassen.

00:10:50: Und das bedeutet halt wirklich, ich fahre nicht irgendwie selber einkaufen oder so.

00:10:54: Wenn das mal vorkommt, dann ist das wie so ein Highlight-Ausflug quasi.

00:11:00: Es findet nur in dieser reizarmen Umgebung statt und ich habe nur noch

00:11:05: digital eigentlich Menschenkontakt. Klingt jetzt richtig wild.

00:11:09: Also im Privatleben auch noch anderen Menschenkontakt, aber im

00:11:12: Berufsleben eigentlich nur noch so.

00:11:13: Ich hatte jetzt eine Ausnahme von so einem Offline-Event, was ich mit zwei Tagen

00:11:18: vorher fast nur im Bett liegen vorbereitet habe.

00:11:21: Aber ich habe ganz, ganz klare Entscheidungen treffen müssen – das war

00:11:26: auch gar nicht ein Wollen –, die damit zu tun haben, dass ich mich im Zweifel

00:11:32: alle halbe Stunde hinlegen könnte oder entscheiden könnte, von jetzt auf gleich,

00:11:37: jetzt muss ich einen ganzen Tag liegen oder so.

00:11:38: Und das können viele Menschen nicht.

00:11:40: Ich habe auch in meinem Umfeld – Grüße gehen raus – ganz, ganz tolle Menschen,

00:11:44: die leider auch betroffen sind und die zum Beispiel ihre Berufstätigkeit

00:11:48: nicht weiterführen konnten.

00:11:50: Und wenn ich nicht in dieser Selbstständigkeit wäre, die ich mir

00:11:53: genauso bauen kann, wie ich das möchte, dann wäre das bei mir mit Sicherheit am

00:11:57: Anfang zumindest auch der Fall gewesen.

00:12:00: Ich wollte ja damals zum Beispiel eine Psychotherapeutin-Ausbildung machen,

00:12:04: musste ich streichen, weil es gibt keine inklusiven Angebote, die in irgendeiner

00:12:09: Form nicht mit meiner Anwesenheit verknüpft sind oder nicht im

00:12:13: Klinik-Setting hauptberuflich quasi stattfinden und das könnte ich gar nicht,

00:12:17: mit den Lichtern, den anderen Reizen, den ganzen Menschen und so.

00:12:21: Genau, das heißt, ich habe ganz, ganz tatsächlich mutige, zum Teil,

00:12:26: Entscheidungen getroffen, vor allem aber sehr traurige Entscheidungen.

00:12:29: Das musste in irgendeiner Form für mich akzeptieren und integrieren,

00:12:33: was ich zum Großteil auch gut habe, auch wenn es manchmal noch ein bisschen

00:12:38: wieder hochkommt an der einen oder anderen Stelle.

00:12:41: Aber was ich vielleicht ein bisschen pragmatischer

00:12:44: gesehen ganz viel noch für mich mache, ist eigentlich fast permanent so eine Pulsuhr

00:12:49: tragen und für mich ausgerechnet, welche Schwelle mein Puls nicht überschreiten

00:12:57: darf, in diesem Pacing-Bereich zu bleiben.

00:12:59: Also in dem Bereich, wo mein Körper das noch bestenfalls, zumindest der Norm

00:13:04: entsprechend, die berechnet werden kann, regulieren kann.

00:13:08: Das habe ich eine Zeit lang sehr akribisch gemacht und habe gemerkt, dass das

00:13:13: wirklich ein Stück weit verbessert hat.

00:13:16: Und dann gibt es so kleinere Sachen wie irgendwelche Nahrungsergänzungsmittel,

00:13:21: weil meine Ernährung ist eigentlich auch für die Tonne, wenn man ehrlich ist, weil

00:13:25: ich vieles einfach nicht mehr vertrage und Nährstoffe mit Sicherheit fehlen.

00:13:29: Dann so was wie Kompressionsstrümpfe.

00:13:32: Also ich bin quasi so eine richtig schrullige Omi mit meinen komischen

00:13:36: Hobbys und meinen Kompressionsstrümpfen.

00:13:38: Ich schmunzle da immer drüber, weil ich das irgendwie ganz lustig finde

00:13:41: beziehungsweise es mir auch hilft, damit umzugehen, weil die einfach helfen, meinem

00:13:46: Körper helfen, das Blut durch den Körper zu pumpen.

00:13:49: Mein Herz hat ziemlich was abbekommen und meine Lunge

00:13:53: und dementsprechend habe ich dahingehend auch viele Symptome.

00:13:57: Genau, was noch?

00:13:59: Na ja, Schmerzmittel in einer Menge, die nicht auf der Verpackungsbeschreibung

00:14:07: Beilage steht.

00:14:09: Und ich glaube, ein etwas radikaler Schritt war tatsächlich auch,

00:14:14: aufzuhören, zu Ärzten zu laufen.

00:14:17: Und das empfehle ich bitte wirklich niemandem.

00:14:20: Also bitte, wenn ihr die Kraft habt und da irgendwie Unterstützung habt, dann

00:14:23: macht das, sucht für euch eine Lösung.

00:14:25: Ich habe schlichtweg für mich keine gefunden und ich lebe hier relativ abseits

00:14:30: und für Ärzt:innen muss ich halt mindestens, also Fachärzt:innen,

00:14:35: mindestens eine Stunde Anreise oder so in Kauf nehmen.

00:14:38: Das hat mich so geschreddert, sage ich mal, damals in der

00:14:43: Zeit, wo ich noch viel versucht habe, irgendwie über Ärzt:innen zu erreichen und

00:14:46: die wussten, ist ja schlichtweg auch nicht besser.

00:14:49: Also jetzt kann man vielleicht noch mal ein Stück mehr irgendwie

00:14:53: hier und da ausprobieren, aber man fühlt sich ganz, ganz viel wie so ein

00:14:57: Versuchskaninchen und die sagen manchmal auch Dinge wie: „Dann müssen Sie jetzt

00:15:03: langsam aufbauen und wieder Sport machen." Und ich denke mir, mein Körper denkt,

00:15:07: wenn ich hier sitze, dass ich jogge.

00:15:10: Können wir vielleicht über was anderes sprechen, als jetzt Sport zu machen?

00:15:14: Also das ist lange her, aber da gab es einfach auch sehr, sehr

00:15:18: viel Missverständnis.

00:15:19: Ich habe auch von Ärzt:innen gehört, dass die Krankheit gar nicht existiert.

00:15:24: Die ist komplett auf die veraltete Ansicht von

00:15:28: Psychosomatik geschoben haben, von wegen man bildet sich das dann ein, was

00:15:33: ja faktisch kompletter Müll ist.

00:15:36: Aber ja, dementsprechend habe ich solche Stressoren aus meinem Leben entfernt und

00:15:41: das wird mir langfristig nicht gelingen.

00:15:44: Ich werde das wieder aufnehmen müssen an der einen oder anderen Stelle, weil ich

00:15:47: auch wissen muss, was zum Beispiel Herz und Lunge langfristig so machen.

00:15:52: Aber ja, das war auf jeden Fall auch etwas.

00:15:55: Und ich glaube, zusammenfassen kann man es als Check wirklich: Was

00:15:58: sind die Stressoren?

00:15:59: Weil alles, was Stress auslöst, ist einfach pures Gift und versuchst, so viel

00:16:03: wie möglich davon zu eliminieren und dir Unterstützung zu suchen.

00:16:07: Das war für mich übrigens super schwer, weil ich so der Typ bin von: Ja,

00:16:10: kann ich schon alles alleine.

00:16:12: Und jetzt muss ich bei allem Hilfe bitten und es ist wahnsinnig anstrengend auf

00:16:18: dieser Ebene, aber auch tatsächlich einfach

00:16:21: etwas, was ich sehr empfehlen kann.

00:16:23: Ja, das war jetzt viel und chaotisch.

00:16:26: Ich hoffe, man konnte mir folgen.

00:16:29: Ja, du hast gerade von der radikalen Akzeptanz, sage ich mal, gesprochen.

00:16:34: Hast du Tipps, wie du da hingekommen bist für dich oder ist das eher die

00:16:39: Zeit hat ergeben?

00:16:45: Nein, ich würde nicht sagen, dass die Zeit das per se ergibt, weil ich glaube, man

00:16:48: kann sich da auch echt jahrzehntelang gegen wehren und richtig

00:16:52: verbittern, sage ich mal.

00:16:53: Das macht ja schon viel mit dem eigenen Leben.

00:16:57: Nein, ich glaube, so blöd das klingt, aber ich hatte da

00:17:00: Glück, dass ich ein Stück weit schon geübt war, dass ich seit der Kindheit

00:17:04: beispielsweise die Migräne hatte und da ganz viele Situationen erlebt habe, die

00:17:08: mit Hilflosigkeit und mit Schamgefühlen und so weiter einhergegangen sind.

00:17:14: Dementsprechend bin ich, glaube ich, so ein bisschen vorbereitet gewesen.

00:17:19: Das klingt richtig weird, aber ich meine, das ist auch gar nicht auf so einer

00:17:23: esoterischen Ebene, sondern einfach für mich vom Selbstwirksamkeitsempfinden hatte

00:17:27: ich das Gefühl, ich kann das jetzt bewältigen und es wird

00:17:30: schlimm, aber das wird nicht irgendwie mein Ende bedeuten, sage ich jetzt mal.

00:17:36: Das heißt, ich habe mich ganz viel in diese Gefühle reingestürzt, weil ich

00:17:40: wusste, sie werden mir helfen, das zu verarbeiten, also die ganze Trauer,

00:17:44: die damit einher gingen und so weiter.

00:17:47: Habe aber genauso auch die Tage akzeptiert, wo ich einfach ultra

00:17:50: genervt bin von meinem Körper.

00:17:52: Die habe ich auch heute immer noch mal, also kommt durchaus vor, aber

00:17:56: längst nicht mehr so krass.

00:17:58: Und Ich glaube, ein Stück weit ist eins meiner liebsten Mittel

00:18:03: natürlich der Katastrophenhumor.

00:18:05: Hat man vielleicht an der einen oder anderen Stelle schon gemerkt.

00:18:08: Also das hilft mir durchaus auch, ein Stück weit das zu verarbeiten.

00:18:12: Ich habe aber auch Menschen an meiner Seite im Freund:innenkreis, die wahnsinnig

00:18:19: hilfreich für mich sind, weil die auf der einen oder anderen

00:18:23: Ebene das nachvollziehen können.

00:18:24: Nicht, weil sie vielleicht dieselbe Erkrankung haben, aber weil sie

00:18:27: vielleicht auch chronisch krank sind.

00:18:29: Und ich glaube, eine chronische Erkrankung kann wirklich kein gesunder Mensch

00:18:32: nachempfinden, egal wie viel Empathie da ist.

00:18:36: Das kann man einfach nicht beschreiben, wie das irgendwie ist.

00:18:41: Und ich maße mir auch gar nicht an, zu sagen, dass ich verstehe, wie sich jetzt

00:18:45: alle chronisch kranken Leute fühlen, Gottes Willen.

00:18:47: Mir geht es ja im Vergleich auch echt ganz okay.

00:18:50: Aber das hat schon auch geholfen, dass ich in meinem Umfeld wusste, wenn ich der oder

00:18:55: der Person das jetzt erzähle, die stellt keine Nachfrage, die irgendwie

00:19:00: anstrengend ist, weil der muss sich nicht mehr erklären, die wird das jetzt einfach

00:19:03: wissen und verstehen und ich werde nicht alleine damit sein.

00:19:06: Das hat ganz, ganz viel gemacht. Wissen wir ja auch.

00:19:09: Wenn wir es kurz fachlich betrachten, wissen wir auch aus der Forschung, dass

00:19:12: soziale Unterstützung einfach ein riesiger Faktor ist und da bin ich sehr gesegnet.

00:19:18: Ich glaube, das sind so die größten Punkte.

00:19:20: Also keine Angst vor den unangenehmen Gefühlen, sich der Realität ein Stück

00:19:24: weit auf dieser emotionalen Ebene stellen.

00:19:28: Da hatte auch einfach viele Tools, allein durch meinen Job.

00:19:32: Dementsprechend darf man sich da bitte gerne auch Unterstützung holen.

00:19:36: Hatte ich übrigens auch, nur das noch mal zu entstigmatisieren.

00:19:42: Ich habe auch auf der psychischen Ebene therapeutische Unterstützung gehabt eine

00:19:45: Zeit lang und dann aber auch ein soziales Umfeld, was einen mitträgt, zumindest,

00:19:53: auch wenn man das Meiste natürlich schon irgendwo alleine tragen muss.

00:19:56: Aber ja, bereitet einen keinen darauf vor, wie einsam wird, obwohl man

00:20:01: von Menschen umgeben ist.

00:20:05: Der letzte Satz ging jetzt noch mal tief, ehrlich gesagt.

00:20:08: Musste ich jetzt auch mal kurz noch mal schlucken, auch wenn ich mich schon viel

00:20:12: mit dem Thema befasst habe, aber glücklicherweise eben selber nicht

00:20:15: betroffen bin, bin da sehr dankbar für.

00:20:17: Aber ich glaube, das betrifft ja jetzt tatsächlich nicht

00:20:20: nur zwangsläufig chronisch Erkrankte.

00:20:22: Das kann ja auch tatsächlich eine psychische Erkrankung mit sich bringen.

00:20:25: Von daher war das jetzt ein, wie gesagt, sehr tiefgehender Satz Ich

00:20:30: finde das aber total beeindruckend, wie reflektiert und klar und stark und

00:20:35: positiv du jetzt damit umgehen kannst.

00:20:38: Du sagtest es ja schon, es gibt auch schlechte Tage davon.

00:20:41: Wollen wir uns jetzt auch gar nicht irgendwie abbringen lassen, sage ich mal.

00:20:45: Uns ist allen klar, das ist nicht das komplette Bild.

00:20:50: Wie sieht das denn jetzt für dich im Stall aus?

00:20:52: Also was kannst du da machen?

00:20:54: Du hast eben schon gesagt, zu dem Zeitpunkt, als du mit den Ärztinnen

00:20:57: gesprochen hast, war jetzt Sport überhaupt kein guter Vorschlag.

00:21:01: Ist das heute wieder ein Stück weit möglich?

00:21:05: Wahrscheinlich auch mit der Pulsuhr nur, schätze ich mal.

00:21:09: Aber wie sieht das jetzt heute da aus?

00:21:13: Nein, ich mache keinen Sport.

00:21:16: Nicht unbedingt aus Überzeugung.

00:21:18: Ich habe früher sehr gerne Sport gemacht.

00:21:20: Nein, also ja, es hat sich etwas verbessert,

00:21:23: aber es ist weit von dem entfernt, was andere Menschen als Sport bezeichnen.

00:21:27: Also für mich gehen jetzt Dinge wie ein bis anderthalb Stunden mit Sitzpausen mit

00:21:32: den Hunden spazieren gehen, zum Beispiel.

00:21:34: Vorher bin ich mit dem – ich weiß nicht, wie der richtige Begriff

00:21:39: ist – dem Rentnermobil meines Großvaters gefahren, wenn ich mit meinen

00:21:44: Hunden länger gehen wollte.

00:21:46: Wir haben hier am Hof auch einen E-Scooter, den ich nutzen kann,

00:21:50: der manches leichter macht, manches schwerer ist, auch egal.

00:21:55: Tatsächlich war ich ganz viel auf Gehilfen angewiesen.

00:21:59: Mittlerweile brauche ich meinen Stock nur noch an schlechteren Tagen oder an Tagen,

00:22:03: wo ich nicht einschätzen kann, ob es schlechter wird und ich

00:22:06: vielleicht nicht zu Hause bin oder so.

00:22:09: Nein, der Sport, den ich wieder machen kann, ist tatsächlich mal ein bis zwei

00:22:12: Karren abäppeln, ohne danach komplett zu crashen.

00:22:16: Und das reicht natürlich bei vier Pferden nicht.

00:22:18: Dementsprechend bin ich da auch sehr dankbar die Hilfe, die ich habe.

00:22:22: Aber ich glaube, das, was für mich fast sich noch mehr nach Sport anfühlt, ist,

00:22:26: ich habe gelernt, fünf gerade sein zu lassen.

00:22:30: Also stirbt jetzt keiner, wenn dieser Teil vom Trail nicht abgeäppelt ist.

00:22:35: Und das klingt so banal, aber ich weiß jetzt ja auch von meinen Klient: innen,

00:22:38: dass das häufig nicht so banal ist, weil es in uns sehr, sehr viel auslösen kann,

00:22:42: gerade wenn wir davon überzeugt sind, dass wir sofort ein schlechter Tiermensch sind,

00:22:48: wenn wir nicht alles irgendwie perfekt machen und sich da so dysfunktionaler

00:22:52: Perfektionismus mit einreicht.

00:22:54: Also lasst euch nicht blenden jetzt von so einer Podcast-Folge, wo ich ein paar

00:23:00: gerade Sätze hintereinander sprechen kann.

00:23:02: Das ist keine Heldinnengeschichte.

00:23:05: Und das ist mir auch ganz wichtig, das irgendwie zu sagen, weil ich finde das

00:23:08: ganz schlimm, dass das in den Medien oft so dargestellt wird.

00:23:11: Es werden ja gerne die schönen Geschichten erzählt, so „Ja, glaube nur an dich und

00:23:15: dann ist es für dich irgendwie auch einfacher oder was weiß ich.

00:23:18: Nein, es ist halt an vielen Ecken total unpraktisch bis scheiße.

00:23:25: Und das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt, gerade auch in Bezug auf die Tiere.

00:23:30: Ich werde meinen Tieren nicht mehr gerecht.

00:23:32: Von Training müssen wir gar nicht sprechen.

00:23:34: Ich habe meine Pferde seit locker zwei Jahren kein Stück trainiert oder so etwas.

00:23:39: Ich versuche über die Haltung das ein kleines bisschen auszugleichen und auch da

00:23:44: haben meine Ponies Freundinnen, die sich ein klein bisschen

00:23:49: kümmern und auch mal spazieren gehen und so.

00:23:51: Trotzdem sind meine Pferde im Endeffekt das, was, glaube ich,

00:23:56: Sportreiterinnen als Rentner beschreiben würden.

00:24:00: Die leben so, wie es geht, ihr bestes Leben hier und werden sehr geliebt, aber

00:24:05: ich bin weit davon entfernt, irgendwie noch mal sehr, sehr aktiv

00:24:09: mit denen zu werden.

00:24:10: Was nicht heißt, dass wir uns nicht versuchen, eine schöne Zeit zu machen,

00:24:13: aber das, was man jetzt unter Training versteht findet halt nicht statt.

00:24:17: Es ist hier häufig viel unordentlicher, als ich es gerne hätte.

00:24:22: Ich meinte nicht meine Wohnung, aber mein Kopf hat den Gedanken gleich mitgebracht.

00:24:25: Ja, Leute, auch das habe ich nicht im Griff.

00:24:27: Nein, ich meinte eigentlich das Paddock Genau, sieht auch nicht so

00:24:31: schön aus wie gewünscht.

00:24:33: Und im Endeffekt ist das, glaube ich, eine gute Beschreibung dessen,

00:24:38: wie es auch den Alltag mit den Tieren einschränkt.

00:24:42: Hast du denn überhaupt irgendeine Art Alltag oder ist wahrscheinlich jeder Tag

00:24:46: ganz anders, so wie es jetzt gerade geht, bei den Einschränkungen, die ja manchmal

00:24:51: auch überhaupt nicht vorhersehbar sind?

00:24:53: Du weißt ja nicht, wie du morgen aufstehst, ob du morgen

00:24:55: aufstehst im Zweifel.

00:24:58: Ja, das hat sich durchaus gebessert.

00:25:00: Es gibt jetzt so was wie einen Alltag.

00:25:02: Das Problem in unserer Leistungsgesellschaft ist ja nun mal auch,

00:25:05: dass von krank sein als Selbstständiger niemand meine Familie ernährt.

00:25:10: Dementsprechend gibt es da schon einen gewissen Druck auch, dass ich

00:25:14: ein Stück weit funktioniere.

00:25:16: Und ich habe mir wirklich für mich gut funktionierende Routinen geschaffen, dass

00:25:20: ich immer zwischen den Terminen zum Beispiel Raum habe, wo

00:25:23: ich mich hinlegen könnte.

00:25:25: Manchmal geht es mir aber auch gut genug und ich gehe einfach länger

00:25:27: mit den Hunden spazieren.

00:25:28: Das ist sehr variabel, aber ich habe schon einen gewissen Alltag.

00:25:33: Mittlerweile sind meine Wochenenden eigentlich immer terminfrei und der Montag

00:25:38: meistens auch, weil mein Partner dann hier ist und es auch mal günstig ist,

00:25:44: terminfrei zu haben für mich, weil es eben wieder Reizreduktion ist.

00:25:47: Also all die Termine in meinem Kalender sind noch mal anders anstrengend, als

00:25:52: beispielsweise an irgendwas in der Kund:innenbetreuung

00:25:57: im Hintergrund tüfteln oder was weiß ich.

00:26:02: Dementsprechend habe ich den Alltag so gestaltet, dass ich meistens nicht vor

00:26:06: zehn anfange, weil dann kann ich a) eine Stunde länger im Bett liegen

00:26:10: bleiben, wenn nötig, b) ich kann alle Tiere vorher einmal grob versorgen, dass

00:26:14: die alles haben und c) ich weiß bis 10 Uhr meist relativ

00:26:19: gut, ob ich doch notfallmäßig spontan noch absagen muss, was ich sehr ungern mache,

00:26:25: gerade eben, weil ich auch meine Klient:innen begleite, denen

00:26:27: es ja nicht immer gut geht.

00:26:29: Aber das die auch alle, dass wir uns da nicht vor einen Karren pissen, wenn das

00:26:34: mal stattfinden sollte in beide Richtungen.

00:26:36: Das ist so eine manchmal unausgesprochene Regel, die aber eigentlich

00:26:40: alle durchaus kennen.

00:26:43: Genau, und dann habe ich zwischen den Terminen immer

00:26:47: Pausen und ganz viel Reizreduktion ansonsten.

00:26:54: Also wenn mehrere Termine stattfinden am Tag, die logischerweise mit sozialer

00:26:58: Interaktion einhergehen, dann bin ich abends in meinen gemütlichsten

00:27:04: Anziehsachen ohne Licht, einfach für mich.

00:27:09: Und ganz oft ist es dann auch nicht Serie gucken oder so, was ich früher viel, viel

00:27:14: mehr gemacht habe, weil es auch wieder Reize sind.

00:27:15: Das heißt, manchmal einfach wirklich gar nichts, nichts sehen, nichts

00:27:20: hören, nichts riechen, vor allem auch wegen der Migräne.

00:27:24: Und das funktioniert tatsächlich für mich ganz gut.

00:27:28: Ja, ich glaube, das war noch mal ein Ein wichtiger Hinweis, was,

00:27:31: glaube ich, allen, die sich noch nie so mit dem Thema Post-COVID, Long-COVID,

00:27:35: ME/CFS, wie auch immer, auseinandergesetzt haben, dass Ruhe nicht bedeutet, wie bei

00:27:41: den meisten Menschen, „Ich setze mich jetzt auf die Couch, gucke eben meine

00:27:43: Serie, lese mein Buch, sondern das wo dann auch wirklich gar nichts mehr geht, dass

00:27:47: im Zweifel mit Schlafbrille und Hörschutz und so weiter, dass wirklich

00:27:53: Ruhe herrscht in allem.

00:27:54: Das war noch mal, glaube ich, ein wichtiger Hinweis, weil ich glaube, das

00:27:56: kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht in irgendeiner Berührungspunkte mit

00:28:01: dem Thema hat, ob man jetzt selber betroffen ist oder das Umfeld.

00:28:04: Ja, klingt immer erst mal so, als könnte ich ganz gut chillen.

00:28:07: Ja, genau.

00:28:08: Deswegen, glaube ich, noch mal gut, das klarzustellen, dass das eben nicht so

00:28:14: schön ist, wie es vielleicht klingen mag.

00:28:17: Ja, das ist eine kurze Steilvorlage noch mal für eine Gesellschaftskritik, die ich

00:28:21: mir nicht verkneifen kann, weil das ja letztlich etwas ist, was wir alle

00:28:25: internalisiert haben, dass Pause machen Faulheit ist und Bequemlichkeit.

00:28:30: Und das ist nichts, was in irgendeiner Form in der Gesellschaft honoriert wird.

00:28:34: Und dementsprechend ist krank sein auch wahnsinnig stigmatisiert.

00:28:39: Also wie viele Leute schleppen sich trotz Erkrankungen irgendwo zur Arbeit

00:28:44: und so weiter und so fort?

00:28:45: Ich meine, bei einer chronischen Erkrankung, wenn man trotzdem

00:28:47: arbeitet, das ist noch mal was anderes.

00:28:49: Ich meine, jetzt so ein akut Infekt oder so.

00:28:52: Ja, nein, geht schon.

00:28:53: Die anderen haben ja dann auch so viel zu tun.

00:28:56: Und vielleicht hilft der kleine Perspektivenwechsel, dass wenn …

00:29:01: Okay, in meinem Fall war es kein Arbeitskontext, in dem ich mich

00:29:03: wahrscheinlich angesteckt habe – aber wenn diese Person mit ihren

00:29:06: Viren zu Hause geblieben wäre, statt trotz dessen hinzugehen, dann sässe

00:29:11: ich jetzt hier nicht und würde mit euch immer meine chronische Erkrankung

00:29:15: sprechen an der Stelle.

00:29:16: Und es soll gar keine Schuldzuweisung sein, sondern so ein bisschen der

00:29:19: Perspektivwechsel, es wieder zu erlauben, wie absurd eigentlich unsere

00:29:22: Leistungsgesellschaft gestrickt ist, weil wir nicht nur uns selbst gefährden,

00:29:26: sondern eben letztlich auch andere Leute.

00:29:29: Und es ist viel, viel klüger wäre, wenn wir in einer Struktur leben würden, in der

00:29:33: es nicht gerechtfertigt sein müsste, dass wir Pausen machen, dass wir uns Urlaub

00:29:37: nehmen, dass wir, wenn wir krank sind, einfach krank sind und

00:29:40: dann zu Hause bleiben.

00:29:41: Vielleicht regt das noch mal ein bisschen zum Nachdenken an, ob der

00:29:47: eigenen Selbstfürsorge wegen.

00:29:49: Ja, absolut.

00:29:50: Kann ich dir nur zustimmen.

00:29:51: Und an dem Punkt nutze ich dann jetzt noch mal die Steilvorlage.

00:29:54: Wer da mehr wissen möchte, kann natürlich gerne in unsere Folge zum Thema Pausen

00:29:58: machen reinhören, weil da haben wir auch ein paar Tipps mitgegeben, auch so

00:30:01: Stichwort Selbstfürsorge, weil wir natürlich auch dafür plädieren, zu sagen,

00:30:05: Pausen sind wichtig und Pausen sind nichts Schlechtes, sondern im Endeffekt, selbst

00:30:10: wenn man es in der Leistungsgesellschaft sieht und man es in unserer leider

00:30:14: vorhandenen Struktur noch mal einordnet, sind Pausen eben auch

00:30:18: wichtig, die Arbeitskraft zu erhalten.

00:30:21: Wenn man es jetzt nicht auf der persönlichen Ebene sehen möchte von: Es

00:30:25: ist eben wichtig, Selbstfürsorge zu betreiben, auch für dich persönlich, ist

00:30:28: es auch einfach tatsächlich gesamt gesellschaftlich wichtig, dass wir

00:30:31: möglichst nicht langfristig so krank werden, dass wir das eben

00:30:35: nicht mehr erbringen können.

00:30:36: Also im Prinzip, egal wie die Gesellschaft ist, Pausen sind wichtig.

00:30:40: Ich glaube, darauf können wir uns einigen.

00:30:42: Ja, auf jeden Fall.

00:30:44: Was mich persönlich noch interessieren würde mit deinen Tieren: Hast du denn

00:30:49: das Gefühl, dass die dir auch helfen?

00:30:52: Also merken die vielleicht auch sogar, wenn du irgendwie gerade in einer

00:30:56: schlechteren Phase bist oder so?

00:30:57: Das ist mir jetzt eben, als du darüber erzählt mir das noch eingefallen.

00:31:01: Hast du da irgendwie Erfahrungen gemacht?

00:31:03: Das fände ich ganz spannend.

00:31:05: Ja, das ist jetzt der Teil, der mir schwerer fallen

00:31:08: wird, sage ich schon mal vorweg.

00:31:10: Ich muss ein bisschen vielleicht drüber nachdenken, wie ich es formuliere,

00:31:13: weil der gerade im Moment noch sehr mit meinem Trauerprozess verknüpft ist,

00:31:18: weil mein Diego ja vor ein paar Monaten gestorben ist, also einer meiner

00:31:21: Hunde, für alle, die das nicht wissen.

00:31:23: Aber ich bin mir sehr sicher, dass ich ohne meine Hunde diese

00:31:26: Phase nicht überlebt hätte.

00:31:30: Und meine Pferde waren für mich ganz viel mit Schuldgefühl verknüpft, weil ich

00:31:36: denen noch weniger gerecht werden konnte.

00:31:38: Also das war eher so ein bisschen schwierige Beziehung zwischenzeitlich.

00:31:42: Aber auch die sind natürlich trotzdem für mich eine wahnsinnige Ressource, weil

00:31:48: welchen Grund hätte ich gehabt, meine Grenzen wieder auszutesten,

00:31:53: wenn nicht für meine Tiere?

00:31:54: Also ja, kann man jetzt auch sagen: Na ja, für dich selbst?

00:31:57: Ja, aber lieg da mal und wisse, dass jede Bewegung halt eine

00:32:01: Verschlechterung hervorrufen kann.

00:32:02: Also da darf man auch vielleicht sich kurz ins Bewusstsein holen, dass das durchaus

00:32:07: mit Ängsten einhergehen kann, weil diese Erkrankung geht ja bis hin zu

00:32:11: Organversagen oder jahrelang pflegebedürftig sein.

00:32:15: Davon bin ich Gott sei Dank ein ganz weites Stück entfernt.

00:32:19: Also damit will ich mich gar nicht gleichsetzen, diese Menschen haben

00:32:22: ganz, ganz andere Herausforderungen.

00:32:24: Trotzdessen waren meine Tiere wahnsinniger Motivator, diese Grenze vorsichtig dich,

00:32:30: aber dennoch zu ertasten, manchmal auch zu überschreiten, ganz klar, weil ich ja

00:32:33: gar keine Ahnung hatte, wo die ist.

00:32:35: Genau.

00:32:37: Und ich musste jetzt, als du meintest, vielleicht merken die das auch, musste

00:32:40: ich ganz klar an meinen Lino denken.

00:32:42: Das ist das Pony, was mich von allen die jetzt noch da sind, am längsten begleitet

00:32:47: und der ist wahnsinnig sanftmütig.

00:32:50: Das ist, glaube ich, ein Wort, was Lino sehr gut beschreibt und sehr einfühlsam,

00:32:55: empathisch und reagiert sehr fürsorglich auf so was, wenn er das wahrnimmt.

00:32:59: Ich bin mir sicher, dass all meine Pferde das wahrgenommen haben, aber jedes geht

00:33:02: anders damit und Lino kümmert sich halt.

00:33:06: Das heißt, Lino legt irgendwie seinen Kopf auf meine Schulter oder so komplett die

00:33:12: Stirn so an meine Brust, meinen Bauch irgendwie ran und ist dann einfach da.

00:33:17: Und der hat mir ganz, ganz doll geholfen, zusätzlich zu meinen Hunden auch an diese

00:33:22: Gefühle ranzugehen, weil das klang eben vielleicht ein

00:33:26: bisschen einfach mit: Ich habe mich durch diese Gefühle durchbegeben und mich

00:33:31: damit ein Stück weit konfrontiert.

00:33:33: Aber das ist ja nichts, was ich gerne tue.

00:33:35: Ich bin auch ein Mensch.

00:33:36: Ich habe auch keinen Bock jetzt da in meinen emotionalen Tiefen

00:33:40: herumzuwühlen, vor allem nicht ständig.

00:33:43: Ich war ja ständig damit konfrontiert.

00:33:45: Heute habe ich ja viel mehr Ablenkung, sage ich mal, und viele Dinge

00:33:48: klappen ja auch wieder besser.

00:33:51: Genau, aber wenn dann so ein Tier, ich sage mal, so einen Knopf drückt bei einem,

00:33:56: wenn man so merkt, okay, das ist gerade richtig Resonanz da für zum Beispiel die

00:34:01: Traurigkeit, die da ist oder manchmal auch für so einen Weltärger.

00:34:07: Ich weiß nicht, ob ihr schon mal durch einen Krankheitsakzeptanzprozess gelaufen

00:34:12: seid, egal ob bei euch oder für eure mit ihren Tieren, aber das geht manchmal ganz

00:34:17: viel damit einher, dass man einfach super wütend und frustriert

00:34:22: ist, dass das alles unfair ist.

00:34:24: Und ich glaube, ich hätte mich darin länger gewälzt, wenn meine Tiere mir nicht

00:34:29: geholfen geholfen hätten, aus diesem eigentlich Sekundärgefühl runterzugehen in

00:34:35: die defensiveren Gefühle, wie eben Traurigkeit, auch Angst und so weiter.

00:34:39: Die haben mir wahnsinnig geholfen und ich meine, das ist für mich Familie.

00:34:44: Es kam nie...

00:34:45: Ich hätte mir nie irgendwie wirklich vorstellen können, die abzugeben.

00:34:48: Ich weiß aber auch, dass das eine privilegierte Aussage ist, weil ich

00:34:52: weiß, dass es nicht gegangen wäre.

00:34:55: Das wäre einfach schlichtweg tierschutzwidrig gewesen –,

00:34:58: wenn ich nicht Hilfe gehabt hätte.

00:35:00: Also dementsprechend bin ich sehr dankbar, dass ich mir darüber keine

00:35:05: weiteren Gedanken machen musste.

00:35:07: Und ich bin mir sicher, dass die Tiere, vor allem tatsächlich die Hunde, weil die

00:35:12: mit mir im Bett lagen die ganze Zeit, aber auch die Pferde mir sehr, sehr

00:35:16: durch diese Zeit geholfen haben.

00:35:18: Und ich weiß gar nicht, ob ich das besser beschreiben kann.

00:35:21: Deshalb lasse ich das, glaube ich, mal so, weil vielleicht kommt ja trotzdem ein

00:35:23: bisschen rüber, was ich sagen will, wofür es vielleicht keine Worte gibt.

00:35:27: Ich hoffe, man versteht, was ich meine.

00:35:30: Ich glaube, das ist sehr, sehr gut angekommen.

00:35:32: Ich kann es mir auf jeden Fall gut vorstellen.

00:35:34: Ich meine, alle, die hier zu hören, haben ja selber Tiere und kennen, glaube

00:35:39: ich, einfach diese Verbindung.

00:35:40: Deswegen habe ich auch gefragt.

00:35:42: Ich kenne das zum Beispiel von meinen Tieren auch.

00:35:44: Nicht von allen in diesem Ausmaß, was du beschrieben hast, aber so grundsätzlich,

00:35:49: dass die schon merken, wenn es einem gerade mental oder auch

00:35:51: körperlich nicht gut geht.

00:35:53: Deswegen fand ich das jetzt auch noch mal spannend.

00:35:55: Und danke dir da auch sehr, dass du trotz des Trauerprozesses da jetzt gerade

00:35:59: so offen drüber gesprochen hast.

00:36:03: Ja, war ein wichtiger Punkt.

00:36:05: Sollte nicht ungesagt sein.

00:36:08: Ja, trotzdem ist das nicht selbstverständlich.

00:36:11: Ich glaube, wir haben jetzt alle irgendwie einen super guten Einblick in die

00:36:17: Vielfalt dieser Krankheit bekommen.

00:36:20: Wir hatten ja eben schon mal angeschnitten, das ist super individuell,

00:36:24: wie man damit umgeht, aber ich hoffe, dass vielleicht der eine oder andere trotzdem

00:36:28: noch auch da einen Impuls vielleicht mitnehmen kann.

00:36:31: Gibt es noch irgendwas, was dir wichtig ist, wo wir noch nicht drüber gesprochen

00:36:35: haben, was du noch unbedingt loswerden möchtest, empfehlen möchtest?

00:36:39: Keine Ahnung, weiß ich nicht.

00:36:40: Irgendwas, was dir gerade in den Kopf kommt.

00:36:44: Ich glaube, es ist tatsächlich dieser Punkt, dass mir noch

00:36:51: mal dieser Zusatz an chronischer Erkrankung ganz doll gezeigt

00:36:55: hat, was wirklich wichtig ist.

00:36:59: Und Selbst ich mit chronischer Erkrankung kann danach nicht jeden Tag leben, weil

00:37:04: ich wäre auch nur Mensch, aber ich glaube, dass uns diese Krisen

00:37:08: oder halt Krankheiten oder was weiß ich, dass die uns ja durchaus dafür Bewusstsein

00:37:12: schaffen, was wirklich wichtig ist, wem man oder auch welchen Sachen

00:37:18: man Aufmerksamkeit widmen möchte und so weiter.

00:37:21: Und da würde ich gerne so ein bisschen die Empfehlung

00:37:25: geben, mal zu schauen, ob das vielleicht diese Folge hier anstoßen kann,

00:37:29: dass man gar nicht selber vielleicht gerade eine Krise braucht, so doof es

00:37:32: klingt, sich damit noch mal zu befassen und noch mal zu überlegen,

00:37:36: welche dieser Gedanken, die sich mir aufdrängen, was ich angeblich alles machen

00:37:40: müsste und so weiter, ist denn tatsächlich jetzt gerade irgendwie relevant und so?

00:37:44: Also was bleibt im Kern.

00:37:46: Also bei unseren Tieren nenne ich das gerne euer Irgendwas,

00:37:50: selbst wenn gar nichts mehr geht.

00:37:52: Und in meinem Fall war das vor allem aus meiner Erkrankung heraus so entstanden,

00:37:58: aber ich habe ja auch chronisch krankere Tiere an meiner Seite.

00:38:02: Selbst wenn gar nichts mehr gibt, gibt es irgendein irgendwas,

00:38:06: das so wahnsinnig verbindend ist und so sinngebend ist und einfach mit

00:38:11: angenehmen Dingen verknüpft ist.

00:38:13: Ich glaube, da darf man ganz doll auf die Suche gehen

00:38:16: und gleichzeitig nie den Glauben an sich verlieren, dass man irgendwie aus was

00:38:22: anderem angenehme Gefühle ziehen kann.

00:38:25: Selbst wenn man irgendwas loslassen muss, was einem wahnsinnig wichtig war,

00:38:30: Ich habe jetzt so viele schrullige Hobbys mir angeeignet, weil da einfach Raum

00:38:35: entstanden ist, den ich logischerweise mit was füllen musste, damit er mir weder

00:38:39: Angst macht, noch mich nur traurig oder wütend macht oder was weiß ich.

00:38:43: Und das ist irgendwie auch ganz cool.

00:38:45: Das sind Facetten, die vielleicht teilweise seit meiner Kindheit gar keinen

00:38:49: Raum bekommen haben, die ich jetzt wieder so ausgepackt habe, wo ich

00:38:51: denke: Ja, das bin ich halt auch.

00:38:53: Und ich bin nicht weniger durch diese Erkrankung geworden.

00:38:58: Ich bin auch nicht um nicht unbedingt mehr durch diese Erkrankung geworden.

00:39:01: Es sind nur andere Facetten, die jetzt mehr Raum bekommen können,

00:39:04: als es vorher der Fall war.

00:39:06: Und da möchte ich so ein bisschen die Hoffnung mitgeben, wenn du, wie du gerade

00:39:10: zuhörst, in einem Veränderungsprozess bist, dass es mit Sicherheit

00:39:14: nicht immer gut wird.

00:39:15: Also ich bin die Letzte, die sagt, alles wird gut, weil obviously wird nicht alles

00:39:19: gut, aber es wird anders und manchmal lohnt sich anders, auch

00:39:23: irgendwie lieben zu lernen.

00:39:25: Und es darf coexistieren mit den ganzen Herausforderungen, die da sind.

00:39:29: Es muss nicht alles überschatten und man muss nicht alles überschatten.

00:39:32: Man kann auch in dieser Veränderung was Schönes finden, auch wenn man sie sich

00:39:37: überhaupt nicht gewünscht hätte und sie in Gänze auch nichts Gutes ist,

00:39:41: was einem widerfahren ist.

00:39:42: Trotzdessen kann man vielleicht was Schönes entdecken, was einen

00:39:46: so ein bisschen durchträgt.

00:39:48: Ja, das war sehr, sehr schön gesagt.

00:39:51: Es ist ein sehr realistischer Blick und trotzdem irgendwie ein Mutmachender.

00:39:57: Du hast es eben schon gesagt, es ist keine Helden Geschichte.

00:40:00: Wir haben genug Leute, die erzählen, welche große Krise sie

00:40:04: überwunden haben, nur damit danach was auch immer Schönes, Tolles

00:40:08: entstehen konnte.

00:40:09: Das mag ja auch oft der Fall sein, aber ich finde es wichtig zu sagen, dass es

00:40:14: eben auch nicht immer eine Lösung für alles gibt, aber dass trotz allem du da

00:40:18: deinen Weg ja irgendwie findest, da auch deine schönen Momente

00:40:21: immer wieder rauszuziehen.

00:40:23: Das finde ich noch mal sehr, sehr schön von dir zusammengefasst.

00:40:26: Ja, absolut. Ich schließe mich da gerade mal direkt an.

00:40:30: Ich fand das jetzt auch sehr schön und ehrlich gesagt, das wäre ein ganz

00:40:32: tolles Schlusswort schon gewesen.

00:40:34: Ich würde es aber zu schade finden, wenn wir die drei Fragen, die wir allen immer

00:40:38: stellen, dir nicht stellen würden, weil ich glaube, dass du da noch mal vielleicht

00:40:43: auch die eine oder andere andere Aspektive hast.

00:40:46: Und von daher würde ich sie dir gerne trotzdem noch stellen.

00:40:50: Die erste ist für dich jetzt tatsächlich wirklich mal eine ganz …

00:40:54: Also das ist die gleiche Frage, aber für dich wird sie anders wirken, als für die

00:40:58: anderen Menschen, die wir bisher im Podcast hatten.

00:41:00: Du kennst sie vielleicht schon.

00:41:01: Die erste Frage ist nämlich: Was hilft dir denn im Alltag, runterzufahren?

00:41:05: Wie kannst du dir deine Auszeit nehmen?

00:41:08: Ich vermute, wir haben schon vieles davon gehört, aber bitte, wir möchten deine

00:41:12: Antwort natürlich trotzdem gerne hören.

00:41:15: Ja, ich glaube, wir haben vieles gehört, was man so besser auf sein eigenes Leben

00:41:19: vielleicht transferieren kann, aber ich erzähle einfach noch mal so ein bisschen,

00:41:23: was ich für schrullige Hobbys jetzt gefunden habe, die mir helfen.

00:41:27: Vielleicht inspiriert das ja auch noch mal.

00:41:29: Also ich habe mich gefragt, was ich denn irgendwie früher total gern

00:41:35: gemacht habe oder was ich faszinierend fand.

00:41:37: Und da habe ich ganz, ganz schnell die Dinosaurier für mich entdeckt.

00:41:41: Ich war schon als Kind ein großer Jurassic Park-Fan und Das habe ich tatsächlich so

00:41:46: ein Stück weit zu meiner Identität gemacht.

00:41:49: Genau, da ganz viel ohne Anspruch schöne Zeit verbringen.

00:41:55: Also es erfüllt gar keinen Zweck, außer dass ich das einfach erfüllend finde.

00:42:00: Ich weiß darüber nicht irgendwie wahnsinnig viel.

00:42:04: Wahrscheinlich werden manche Menschen sagen: Doch, weiß ich schon, aber

00:42:07: ihr wisst ja, es kommt drauf an, womit man sich vergleicht.

00:42:10: Es ist jetzt gar nicht so, dass es mir darum geht, irgendwie alles darüber zu

00:42:12: wissen, sondern einfach eine schöne Zeit zu verbringen, die für mich ist.

00:42:17: Und dasselbe habe ich gerade mit Malen tatsächlich so ein Stück weit

00:42:22: entdeckt und mit Lesen, worüber ich sehr dankbar bin, weil ich jetzt

00:42:27: zweieinhalb Jahre gar nicht lesen konnte.

00:42:30: Also ich konnte schon lesen, Leute.

00:42:32: Ich musste nicht lesen, neu lernen.

00:42:33: Das ist wieder keine Heldinnengeschichte.

00:42:35: Es ging einfach kognitiv nicht.

00:42:37: Also ich konnte diesen Satz 700-mal lesen und ich wusste immer

00:42:39: noch nicht, was er sagt. Und jetzt kann ich wieder lesen.

00:42:42: Und jetzt entdecke ich gerade so neue Buch-Genres für mich, wo ich so

00:42:47: ein bisschen reinstürzen kann.

00:42:49: Ich habe schon immer gern PC gespielt.

00:42:51: Da habe ich mir auch irgendwie das eine oder andere Spiel wieder auf den PC

00:42:55: gepackt, was mir irgendwie guttut.

00:42:58: Solche Sachen.

00:42:59: Also ich habe ganz, ganz viele Hobbys entdeckt, die gar

00:43:03: keinen Zweck erfüllen und wo ich früher immer gesagt hätte: „Da habe

00:43:06: ich leider keine Zeit für …

00:43:08: Ich hasse diesen Satz heutzutage so doll, weil der ist

00:43:12: einfach so schräg, weil natürlich, wir haben alle dieselbe Zeit am

00:43:16: Tag und natürlich ist es viel.

00:43:17: Ich will das gar nicht kleinreden.

00:43:18: Es ist einfach wahnsinnig viel, was wir alles leisten müssen, aber wir sollten

00:43:22: uns verdammt noch mal diese Zeit nehmen.

00:43:25: Und natürlich kann ich nicht jeden Tag all meinen schrulligen Hobbys nachgehen, aber

00:43:29: ich habe dann irgendwie so eine Kategorienliste fast schon und weiß

00:43:34: halt, mit dem und dem Symptomlevel oder mit dem und dem Bedürfnis werde ich mich

00:43:38: jetzt dieser einen Sache oder der anderen widmen.

00:43:41: Und sich diese Zeit für sich selber einzuräumen und die Selbsterlaubnis zu

00:43:46: geben, ist, glaube ich, das A und O und dann ist pupsegal, womit man die füllt.

00:43:50: Ja, da hast du mich auf jeden Fall sehr mit abgeholt, weil bei den

00:43:53: Dinos geht es mir sehr ähnlich.

00:43:54: Alles, wo ein Dino drauf ist, wird erst mal eingesackt, obwohl ich

00:43:58: eigentlich keinen Plan habe.

00:44:00: Ja, wir gehen zur nächsten Frage: Was war denn das Schönste an deiner letzten Woche?

00:44:08: Boah, das ist schwer für mich.

00:44:10: Ich muss tatsächlich jetzt kurz in meinen Kalender gucken, weil mein Gedächtnis ist

00:44:14: wahnsinnig schlecht geworden, war es schon immer nicht wahnsinnig gut,

00:44:17: aber jetzt ist es schon übel.

00:44:18: Deshalb weiß ich gar nicht, was ich in der letzten Woche alles gemacht habe.

00:44:23: Wenn ich das gefragt werde, dann gucke ich eigentlich immer heimlich

00:44:27: in meine ganzen Fotos.

00:44:28: Ich dokumentiere meine Tage, weil ich es wirklich sonst nicht erinnere.

00:44:32: Also es sind auch regelmäßig Leute in meinem Umfeld geschockt, dass

00:44:35: ich mich an nichts erinnern kann.

00:44:37: Ich glaube, ein absoluter Favorit war der Moment, wo ich meinem kleinen

00:44:44: Sid seinen Pullover angezogen habe.

00:44:47: Also ich habe Australian Shepherd.

00:44:48: Ich hätte von mir behauptet, niemals werde ich jemand sein, der seinem Hund einen

00:44:53: Pullover kauft, aber der kleine Sid hat halt Spondylose und er hat

00:44:58: durchaus manchmal einfach Rückenschmerzen, bei diesem Usselwetter und für seinen

00:45:02: Wintermantel ist es aber zu warm.

00:45:04: Also hat er jetzt einen Strickpullover und oh mein Gott, Leute,

00:45:07: es ist einfach so süß.

00:45:08: Ich kann mich daran so erfreuen und das Schönste daran ist eigentlich, dass ich

00:45:12: genau weiß, wenn ich jetzt krass Gesundheitssorgen

00:45:16: hätte, könnte ich das halt nicht sehen.

00:45:18: Ich habe das auch gestern auf Instagram geteilt und ein kleines

00:45:22: YouTube-Video draus gemacht, weil das so wichtig ist, noch mal zu verstehen,

00:45:27: dass diese Wahrnehmung sich so krass geändert, wenn man mit

00:45:32: welcher Herausforderung auch immer ein Stück Wein abgeschlossen hat, weil man

00:45:36: dann viel leichter wieder die schönen Dinge sehen kann.

00:45:39: Und ich habe ihn jetzt wieder vor Augen, heute früh ist er wieder in seinem

00:45:43: Pullover, er hört die Wiese getrabt und es sieht einfach zauberhaft aus.

00:45:46: Ich glaube, das ist aus der letzten Woche mein absolutes Highlight, dass mein

00:45:49: Hund jetzt einen Strickpullover hat.

00:45:52: Wie schön.

00:45:53: Ich glaube, wir müssen uns das Bild dann vielleicht auch noch mal angucken.

00:45:56: Vielleicht können wir das sogar dann noch bei Instagram teilen, wenn

00:45:59: wir die Folge veröffentlichen. Mal schauen.

00:46:01: Ich bin auf jeden Fall jetzt neugierig.

00:46:04: Sehr gerne.

00:46:06: Und dann kommen wir auch schon zur letzten Frage, jetzt noch mal mit Blick

00:46:10: tatsächlich auf die Pferde.

00:46:11: Was wäre denn dein Wunsch für die Pferdewelt?

00:46:14: Gibt es was, was du gern allen Pferdemenschen mitgeben würdest?

00:46:19: Das ist richtig schwer, weil ich bin, glaube ich, nicht so gesegnet

00:46:23: mit einer beliebten Antwort.

00:46:26: Aber ich glaube, ich fände es ganz schön, wenn Pferde nicht mehr

00:46:32: genutzt werden durften.

00:46:35: Okay.

00:46:36: Ich glaube, die Pferdewelt, wenn wir wirklich für die Pferde entscheiden, wäre

00:46:40: tatsächlich besser, wenn sie einfach wie jedes andere Tier

00:46:45: existieren dürften, wenn gar nicht dieser Anspruch wäre, dass Reiten mit Pferden so

00:46:50: verknüpft ist oder Sport mit Pferden verknüpft ist.

00:46:53: Oder ja, keine Ahnung, Nutztier müssen wir gar nicht von anfangen.

00:46:57: Die haben ja auch mal ein anderes Leid auf ihren Schultern.

00:47:01: Aber ich glaube, auch wenn das jetzt die wenigsten

00:47:04: Pferdemenschen toll finden, dass ich das sage, ich glaube tatsächlich, wenn wir nur

00:47:08: für die Pferde entscheiden, wäre das gut, wenn es insgesamt nicht erlaubt wäre, weil

00:47:11: auch wenn es viele Leute gibt, die das ganz, ganz toll machen und die sehr bemüht

00:47:15: sind für ihre Ponys, ist, glaube ich, einfach das Grobe nicht toll, was Pferde

00:47:20: so erleben und wie sie gehalten werden.

00:47:22: Ich glaube, denen ging es besser, wenn das nicht so wäre.

00:47:25: Und für die Pferdemenschen würde ich mir ganz, ganz dolle wünschen, dass sie

00:47:30: sich mit ihren Themen auseinandersetzen.

00:47:33: Ich glaube, das ist was, was ich Menschen generell wünschen würde, weil ich glaube,

00:47:36: dann hätten wir weniger Kriege auf der Welt und eben auch weniger Tierquälerei

00:47:40: und whatever, weil vieles daraus schlichtweg

00:47:45: natürlich nicht alles, aber vieles daraus einfach zu einer "wenig in Kontakt stehen

00:47:52: mit sich Selbst"-Haltung entspringt.

00:47:54: Da wird sich auf vielleicht Macht fokussiert oder Geld fokussiert

00:47:59: oder Leistung oder was weiß ich.

00:48:01: Und das ist überhaupt nicht einfach.

00:48:02: Ich sage gar nicht, dass diese Lösung einfach ist, aber ich glaube, wir können

00:48:06: am allermeisten damit tun, wenn wir näher zu uns selbst wiederkommen und selber

00:48:10: wahrnehmen, unsere Werte wirklich kennen und uns damit auch mal befassen, weil ich

00:48:15: glaube, die meisten Leute rennen eigentlich durch die Welt und wissen gar

00:48:18: nicht, was ihre Werte sind, damit sie sich selber was Gutes tun

00:48:23: können, aber auch zu anderen irgendwie besser sein können.

00:48:25: Und ich bin mit im Boot.

00:48:27: Ich arbeite da auch jeden Tag dran.

00:48:29: Das Ist nichts, was wir einmal irgendwie haben und dann ist das gut.

00:48:33: Aber das täte, glaube ich, auch der Pferdewelt gut.

00:48:37: Jetzt dürft ihr mich alle doof finden, dass schon okay.

00:48:41: Ich glaube, hier findet dich niemand doof.

00:48:43: Ich finde, das sind sehr spannende Gedanken und wie

00:48:46: erwartet ganz andere Antworten, als wir bisher immer bekommen haben, was ich aber

00:48:51: ja immer als sehr gut empfinde, weil das ist, was uns alle noch

00:48:56: mal zum Nachdenken anregt.

00:48:57: Wenn wir immer nur das Gleiche hören, wird es irgendwann langweilig und wenn wir

00:49:00: immer nur unsere Bestätigung finden, sind wir auch sehr verfestigt

00:49:03: in unseren Gedanken.

00:49:04: Von daher braucht es auch mal andere Perspektiven und andere Ideen.

00:49:08: Und genau dafür sind wir auch irgendwie hier und kommen wir hier

00:49:11: mit Gästen zusammen.

00:49:12: Und von daher war das sehr wertvoll.

00:49:14: Und da musst du dich auch nicht für entschuldigen oder sonst irgendwas.

00:49:16: Wir wollen hier ehrliche Antworten.

00:49:19: Mache ich auch nur aus Höflichkeit.

00:49:20: Eigentlich meine ich das vollkommen ernst.

00:49:23: Sehr gut. Gut, dass wir das noch mal geklärt haben.

00:49:26: Ich fand das auf jeden Fall super, super spannend, mit dir zu

00:49:30: reden, von dir zu hören.

00:49:32: Und ich würde sagen, ich bedanke mich mal im Namen aller für deine Ehrlichkeit, für

00:49:37: deine authentischen Antworten und dafür, dass wir alle jetzt hoffentlich

00:49:41: ganz viel von dir lernen durften.

00:49:43: Danke, dass ich da sein durfte.

00:49:44: Es war ein sehr, sehr schönes Gespräch.

00:49:47: Danke fürs Zuhören bei dieser Folge von Psycholohü.

00:49:50: Wenn sie dir gefallen hat, hinterlass uns doch eine positive Bewertung

00:49:53: und teile die Folge.

00:49:54: Wir freuen uns über Feedback, Themenwünsche und deine

00:49:56: Gedanken zum Thema.

00:49:58: Du findest Carina auf Instagram unter @begegnung_pferd und @CarinaWarnstaedt.

00:50:01: Autorin.

00:50:02: Und Lea unter @LeaSchneider_Pferdetraining und @virtuelleAssistenz_Lea.

00:50:07: Alle Links findest du auch in den Show Notes.

00:50:09: Folge den Podcast auf der Plattform deiner Wahl und aktiviere die Benachrichtigung,

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