#32 Vermenschlichen wir unsere Pferde zu sehr?
Shownotes
Vermenschlichen wir unsere Pferde zu sehr? Das ist die Frage, der wir uns in dieser Folge stellen: Von persönlichen Erfahrungen übder die aktuelle Studienlage, wir diskutieren, welche Vor- und Nachteile es hat, wenn wir unsere Pferde vermenschlichen.
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Video der Animation von Heider und Simmel (1944): https://www.youtube.com/watch?v=VTNmLt7QX8E
Quellen:
Dalla Costa, E.; Minero, M.; Lebelt, D.; Stucke, D.; Canali, E.; Leach, M. C. (2014). Development of the Horse Grimace Scale (HGS) as a Pain Assessment Tool in Horses Undergoing Routine Castration. PLOS One. 9 (3). https://www.researchgate.net/publication/260950013_Development_of_the_Horse_Grimace_Scale_HGS_as_a_Pain_Assessment_Tool_in_Horses_Undergoing_Routine_Castration Gille, C.; Holschen-Taubner, S.; Spiller, A. (2011). Neue Reitsportmotive jenseits des klassischen Turniersports. Sportwissenschaft. 41 (1). 34 - 43. https://www.researchgate.net/publication/225152449_Neue_Reitsportmotive_jenseits_des_klassischen_Turniersports Heider, F.; Simmel, M. (1944). An experimental study of apparent behavior. American Journal of Psychology. 57. 243 – 259. https://www.jstor.org/stable/1416950?origin=crossref Karlsson, F. (2012). Critical Anthropomorphism and Animal Ethics. Journal of Agricultural and Environmental Ethics. 25. 707 - 720. https://link.springer.com/article/10.1007/s10806-011-9349-8 Mota-Rojas, D.; Mariti, C.; Zdeinert, A.; Riggio, G.; Mora-Medina, P.; del Mar Reyes, A.; Gazzano, A.; Domínguez-Oliva, A.; Lezama-García, K.; José-Pérez, N.; Hernández-Ávalos, I. (2021). Anthropomorphism and Its Adverse Effects on the Distress and Welfare of Companion Animals. Animals. 11(11). https://doi.org/10.3390/ani11113263 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34827996/
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00:00:04: Psycholohü, der Podcast über Pferde und Psychologie.
00:00:07: Wir sind Carina Warnstädt, pferdegestützer und Hypnose-Coach, mit abgeschlossenem
00:00:12: Psychologiestudium und Autorin.
00:00:13: Und Lea Schneider, Pferdeverhaltenstrainerin und
00:00:16: Unterstützung für Selbstständige als virtuelle Assistenz.
00:00:18: Wir nehmen dich mit in unsere Gedanken zu verschiedenen Themen aus dem Bereich
00:00:22: Pferd-Mensch-Beziehung und in spannende Interviews zu den Themen
00:00:25: Pferde und Psychologie.
00:00:28: Hallo und herzlich willkommen Willkommen zu einer neuen Folge von PsycholoHü.
00:00:33: Heute bin ich selber ein bisschen überrascht, was heute auf mich zukommt.
00:00:38: Ich weiß zwar, unser Thema, das Thema ist nämlich: Vermenschlichen
00:00:41: wir unsere Pferde zu sehr?
00:00:43: Aber die Vorbereitung hat komplett Carina übernommen.
00:00:45: Das heißt, ich springe jetzt hier ein bisschen ins kalte Wasser mit euch und
00:00:50: lasse mich überraschen, was auf uns zukommt.
00:00:52: Carina, erzähl uns doch gerne mal, was uns heute erwartet.
00:00:57: Vielleicht fange ich mal direkt an, wie ich überhaupt darauf gekommen bin.
00:01:02: Ich habe ja die Pferde hier am Haus und rede sehr häufig mit denen.
00:01:07: Das heißt, ich gehe schon aus der Tür und spreche meine Pferde an, so nach dem
00:01:12: Motto: „ Hallo ihr Süßen, na, wie geht’s euch?
00:01:15: Habt ihr wieder Hunger? Soll ich euch was zu essen geben?
00:01:16: "
00:01:17: Nicht nur du übrigens.
00:01:18: Da kenne ich viele.
00:01:20: Das stimmt.
00:01:21: Und letztens ist mir das passiert.
00:01:25: Da habe ich auch mit meinem Pferd gesprochen und dann kam
00:01:28: gerade jemand um die Ecke.
00:01:30: Ich hatte die Person vorher nicht gesehen, die lief an der Straße vorbei und
00:01:33: das war der Moment, wo mir klar wurde: „Oh, das hat gerade jemand gehört.
00:01:38: " Das war mir kurz ein bisschen unangenehm, wenn ich ehrlich bin,
00:01:41: obwohl natürlich, wie du schon sagst, dass sehr vielen Menschen so geht, nicht nur
00:01:45: Pferdebesitzer*innen, sondern wahrscheinlich allen Tierbesitzer*innen.
00:01:49: Aber da habe ich gedacht, da könnte man doch gut mal eine Folge drüber aufnehmen,
00:01:53: denn als ich dann angefangen habe zu überlegen, ist mir aufgefallen,
00:01:56: es ist ja nicht nur die Sprache.
00:01:58: Es sind so viele Dinge, bei denen wir unsere Tiere, speziell Pferde,
00:02:04: gerne mal vermenschlichen.
00:02:07: Und dann habe ich mich ein bisschen in die Recherche gestürzt, ob es
00:02:10: dazu denn auch Studien gibt.
00:02:12: Und ich kann sagen: Ja, gibt es.
00:02:15: Aber ich versuche, mich kurz zu halten.
00:02:19: Ja, das ist ja nicht unsere erste Studie, über die wir hier sprechen, aber ich
00:02:22: glaube, wir können immer ganz gut unsere eigenen Erfahrungen einbringen und aber
00:02:27: dann eben auch die Faktenlage dazu checken.
00:02:30: Genau.
00:02:31: Womit fangen wir an?
00:02:32: Starten wir mit der Studie oder sprechen wir erst mal über unsere
00:02:35: persönlichen Erfahrungen?
00:02:37: Ich glaube, ich fände es ganz spannend, zu wissen, was du gedacht hast, als ich
00:02:40: dir das Thema vorgeschlagen habe.
00:02:44: Ja, das ist eine gute Frage.
00:02:45: Ich habe auf jeden Fall sofort gesagt: Oh ja, das ist ein gutes Thema, weil das, wie
00:02:49: du schon sagst, tatsächlich etwas ist, was mir unheimlich viel begegnet im
00:02:54: Alltag, dass viele Menschen, glaube ich, oft gar nicht so das Gefühl dafür haben,
00:02:59: was ihr was das Pferd denn wirklich braucht und wovon sie das Gefühl
00:03:04: haben, was das Pferd braucht.
00:03:06: Also Thema Grundbedürfnisse, Haltung und so weiter.
00:03:09: Da ist es, glaube ich, ganz massiv.
00:03:13: Das ist ein Punkt, wo ich das sehr schwierig sehe, dass Pferde vermenschlicht
00:03:17: werden, dass sie teils in Watte gepackt werden und nicht
00:03:21: einfach mal Pferd sein dürfen.
00:03:24: Und auf der anderen Seite, denke ich, hat es auch etwas für sich, wenn man Pferde in
00:03:28: gewisser Weise vermenschlicht und ihnen eben auch Emotionen und
00:03:33: Empfindungen zuspricht, die es vor 30 Jahren mit Sicherheit
00:03:37: so noch nicht gegeben hätte und dass man das Pferd mehr als Individuum und
00:03:43: als Lebewesen mit Gefühlen sieht.
00:03:45: Ich glaube, das hat sich deutlich verändert über die letzten Jahre.
00:03:48: Ich weiß nicht, ob da vermenschlichend tatsächlich der richtige Ausdruck ist,
00:03:52: aber dass man dem Pferd bedürfnisorientiert
00:03:57: mehr begegnet, ist, denke ich, ein guter Punkt zu diesem Thema, den
00:04:03: ich dann gut heißen kann. Total.
00:04:05: Du hast schon ziemlich viel von dem auch angesprochen, was so die Studienlage sagt.
00:04:09: Ich habe natürlich versucht, was Psychologisches zu finden, bin aber eher
00:04:12: in die Philosophie reingerutscht, was aber auch sehr spannend war.
00:04:16: Bin dann darauf gestoßen, dass Vermenschlichung Anthropomorphismus heißt.
00:04:22: Ich habe also ein neues Wort gelernt.
00:04:24: Das ist jetzt gar nicht so relevant, aber ich musste erst mal herausfinden, wie
00:04:27: ich mehr Studien dazu zu dem Thema finde.
00:04:30: Und im Grunde genommen sagen die Ethiker*innen und Philosoph*innen genau
00:04:34: das, was du auch gesagt hast, mal ganz einfach runtergebrochen.
00:04:38: Es gibt eine positive und eine negative Seite.
00:04:40: Was ich superspannend fand, war tatsächlich ein Punkt, der angesprochen
00:04:44: wurde, den ich noch nie so bedacht hatte über die Sprache.
00:04:50: Also wenn wir von Pferden sprechen, dann sagen wir nicht ihre Füße,
00:04:55: sondern wir sagen ihre Hufe.
00:04:57: Wir sagen auch nicht, dass eine Stute schwanger ist.
00:04:59: Wir sagen aber, dass eine Stute trächtig ist.
00:05:02: Das heißt, wir haben hier biologische Prozesse, die wir im Grunde genommen bei
00:05:06: Menschen ja auch sehen oder biologische Objekte, wenn wir von den Hufen sprechen,
00:05:12: die wir bei den Menschen in einer sehr ähnlichen in der eigentlichen
00:05:15: Form eben auch haben.
00:05:16: Und wir geben dem aber einen anderen Begriff und haben uns ja davon
00:05:21: distanziert von der Menschlichkeit.
00:05:23: Wenn wir uns aber die Emotionen anschauen, dann haben wir da keine separaten
00:05:27: Begriffe, sondern nutzen die menschlich Emotionsausdrücke.
00:05:32: Ich fand das einen total spannenden Gedanken aus dem philosophischen Kontext,
00:05:37: weil ich mir da noch nie Gedanken zugemacht habe.
00:05:41: Ja, das war auch gerade mein erster Impuls.
00:05:42: Stimmt, habe ich noch nie drüber nachgedacht.
00:05:45: Oder? Aber es macht total Sinn.
00:05:47: Also klar ist jetzt die Frage, inwiefern ist das super relevant?
00:05:52: Ist das wirklich so wichtig?
00:05:53: Aber unsere Gedanken machen ja doch sehr viel aus, also wie wir uns unsere
00:06:00: Einstellung entwickeln gegenüber Dingen.
00:06:02: Und das ist dann schon so, wenn wir sagen, das Pferd hat Angst, dann nehmen wir an,
00:06:08: es hat so Angst, wie wir Angst haben, würde ich behaupten.
00:06:12: Und wissen wir das, als Fluchtier?
00:06:16: Das Pferd, was ja ganz anders denkt, ganz anders sieht, riecht, hört, als wir,
00:06:21: ob die Angst, die das Pferd hat, wirklich mit unserer Angst vergleichbar ist?
00:06:28: Ich weiß nicht.
00:06:29: Ich finde, das ist eine Frage, die man in den Raum stellen kann.
00:06:32: Und da sind wir natürlich schnell bei dem Thema: Der ist stur, der hat keinen Bock,
00:06:38: wo wir ja dem Pferd auch ganz schnell – menschliche Gedanken,
00:06:43: Emotionen ist jetzt vielleicht da in dem Fall der falsche Begriff –
00:06:45: aber Gedanken unterstellen.
00:06:48: Ich würde zumindest mal stark hinterfragen, ob die
00:06:51: tatsächlich korrekt sind.
00:06:53: Und ich glaube schon, dass wir damit unseren Pferden manchmal Unrecht tun.
00:07:00: Gerade wenn es so Themen geht.
00:07:03: Unser Lieblingssatz, der verarscht dich doch nur, kommt ja dann auch noch mal
00:07:09: die kognitive Ebene hinzu: Wie sehr kann ein Pferd überhaupt so
00:07:14: vorausschauend handeln, dass es jetzt den Menschen verarschen könnte
00:07:18: und so Verknüpfungen herstellen?
00:07:21: Das lässt sich ja wahnsinnig viel auch einfach konditionieren, dass sich so ein
00:07:25: Drucknachlass einmal als lohnenswert herausgestellt hat, wenn man die sich
00:07:30: losgerissen hat oder irgendwie jetzt als Beispiel.
00:07:32: Genau, da kommt ja noch mal eine ganz andere Ebene noch dazu,
00:07:36: unabhängig davon, wie es Emotionen erlebt, das Pferd,
00:07:40: wie es diese zum Ausdruck bringen kann, sowieso natürlich, aber auch wie
00:07:46: es kognitiv damit umgehen kann, ein Vergeicht zu einem Menschen.
00:07:49: Ein Pferd kann ja nicht ausdrücken, wie es sich gerade fühlt.
00:07:53: Man kann ganz viel beobachten am Verhalten und ganz viel interpretieren, aber
00:07:57: letztendlich 100% Wissen, können wir das als Menschen ja von außen nie.
00:08:01: Wir haben da ja wahnsinnig viel Wissen mittlerweile und die Forschung hat sich da
00:08:06: ja auch die letzten Jahre noch mal, glaube ich, ganz gut mit beschäftigt und man kann
00:08:10: unheimlich viel annehmen und wie gesagt eben interpretieren, aber
00:08:15: am Ende des Tages bleibt es das.
00:08:16: Es bleibt eine Interpretation, die das Pferd niemals 100% validieren kann
00:08:22: im Vergleich zu einem Menschen jetzt.
00:08:25: Ja, total.
00:08:26: Das heißt ja auch immer, dass wir uns so ein bisschen selbst
00:08:28: reflektieren müssen, Selbst dann, wenn wir uns schon für sehr reflektiert halten und
00:08:34: uns sehr viel damit auseinandersetzen: Was können wir in der Mimik des Pferdes lesen?
00:08:37: Wie handelt so ein Pferd in der Natur vielleicht?
00:08:41: Selbst dann interpretieren wir sein Verhalten immer.
00:08:45: Ich glaube, da ist niemand von uns vor gefeit, dass wir da auch
00:08:48: mal einen Fehler machen.
00:08:49: Und selbst wenn wir schon denken, dass wir es total wissenschaftlich erklärt
00:08:54: haben, dass es trotzdem vielleicht der falsche Gedanke ist, den wir
00:08:57: da dem Pferd unterstellen.
00:08:59: Ja, und das ist ja auch ein unheimlich vielschichtiges Thema.
00:09:02: Also wenn wir jetzt da drauf gehen, was das Pferd im Allgemeinen an Bedürfnissen
00:09:06: hat, wie es sich in der Natur verhält, lebt und so
00:09:09: weiter, dann gibt es ja immer noch da auch Individuen mit verschiedenen individuellen
00:09:16: Vorlieben, wie bei uns Menschen auch, nur wenn man sagt,
00:09:20: diese und jene Ernährung ist für Menschen die Gesündeste, weil da alle
00:09:25: Nährstoffe abgedeckt werden.
00:09:26: Ja, wenn aber Bananen super gesund sind und ich mag aber zum verrecken keine
00:09:30: Bananen und ich kann die nicht essen. Was hilft es mir dann?
00:09:34: Als Beispiel jetzt.
00:09:36: Ja, total. Da hast du auf jeden Fall recht mit.
00:09:39: Ich meine, dieses Schwarz-Weiß-Denken sehen wir ja häufig.
00:09:41: Aber vielleicht erkläre ich noch mal ganz kurz.
00:09:44: Ich habe nämlich doch auch was Psychologisches gefunden –, warum wir
00:09:47: Menschen überhaupt dazu neigen, Pferde oder Tiere zu vermenschlichen.
00:09:51: Ich glaube, das ist schon interessant in der ganzen Diskussion,
00:09:54: dass wir es machen und ob es gut ist oder nicht, dass wir schon auch wissen,
00:09:58: was ist der Hintergrund davon. Ich versuche, mich kurz zu halten.
00:10:01: Der eine Punkt ist, dass Menschen davon ausgehen, beziehungsweise
00:10:05: dass Psychologinnen davon ausgehen, dass wir Menschen uns alle gerne mit anderen
00:10:11: Lebewesen verbinden wollen, und zwar mit Lebewesen, die
00:10:15: wir leicht verstehen und die von uns leicht verstanden werden.
00:10:19: Und das sind häufig Tiere, die in irgendeiner Form etwas
00:10:25: nahezu Menschliches an sich haben, also in irgendeiner Form eine Gestik oder Mimik
00:10:28: haben, die sich vielleicht auch schon den Menschen über die letzten Jahrhunderte
00:10:31: hinweg, Jahrtausende hinweg vielleicht sogar angepasst haben und für den
00:10:36: Menschen sozusagen lesbar werden.
00:10:40: Und das, was da passiert, ist vermutlich eine Simulationsheuristik.
00:10:46: Wieder so ein bisschen sperriger Begriff.
00:10:49: Das heißt letztendlich nichts anderes, als wenn Menschen zu
00:10:53: einem anderen Menschen keine Hintergründe haben und nichts über diese Person wissen,
00:10:58: dann nutzen sie eine Abkürzung im Denken.
00:11:02: Das ist erst mal ein Bilden eines Urteils aufgrund von dem Verhalten der Person und
00:11:09: wir füllen sozusagen den Raum von dem Hintergrund, den wir ja nicht haben über
00:11:16: die Person, mit unserer Vorstellungskraft.
00:11:20: Und das ist ja im Endeffekt, was wir bei Pferden ausschließlich tun können.
00:11:25: Exakt, genau. Darauf wollte ich hinaus.
00:11:27: Und dadurch, dass wir es jetzt sogar bei anderen Menschen machen, ist das natürlich
00:11:32: total naheliegend, dass wir das bei Pferden auch machen, denn genau das, was
00:11:35: du sagst, wir haben ja keine andere Möglichkeit, als das zu machen.
00:11:39: Und es gab schon 1944 eine superspannende Studie, in der herausgefunden wurde, dass
00:11:47: wenn man Menschen eine ganz simple Animation zeigt von Objekten,
00:11:52: in dem Fall war es ein Kreis, zwei Dreiecke und dazwischen
00:11:56: war noch mal ein Rechteck …
00:11:59: Ist aber auch gar nicht so wichtig.
00:12:00: Auf jeden Fall waren es leblose Objekte, die sich bewegt haben.
00:12:04: Und diese Menschen, die das gesehen haben, haben da ganz viel reininterpretiert.
00:12:09: Die haben eine Liebesgeschichte zwischen den Dreiecken gesehen oder eine Art von
00:12:16: Kampf zwischen den Dreiecken oder dem Kreis.
00:12:19: Das ist total spannend.
00:12:21: Und wenn man sich das anguckt, auch heute noch: Ich habe das auch gemacht,
00:12:26: obwohl ich wusste, worum es ging.
00:12:28: Und das heißt, dass das ja etwas ist, was einfach inherent menschlich ist und was
00:12:33: auch ein Zeichen von Empathie ist, dass wir überhaupt in Objekte und Menschen
00:12:39: uns rein fühlen und reindenken können.
00:12:41: Das heißt, es ist erst mal nichts Schlechtes.
00:12:45: Und jetzt ist aber die Frage: Ist es trotzdem immer gut fürs Pferd?
00:12:50: Ja, ich glaube, wir haben es ja eben schon gesagt, es gibt eh die zwei Extreme,
00:12:54: sage ich mal, was Vermenschlichen angeht.
00:12:57: Die Menschen, die es ganz massiv tun und die, die es das
00:13:00: überhaupt nicht tun und das überhaupt nicht sehen wollen oder können, dass
00:13:04: das Pferd Bedürfnisse und Gefühle hat.
00:13:10: Ich weiß nicht, ob du dazu was gefunden hast in der Studienlage.
00:13:15: Meine persönliche Hypothese wäre jetzt erst mal, dass das auch ganz viel mit dem
00:13:20: Erfüllen der eigenen Bedürfnisse des Menschens zu tun hat.
00:13:23: Also gerade in der Fraktion am einen Ende, die es ganz extrem Pferde vermenschlichen
00:13:29: wo es dann so ein bisschen manchmal man das Gefühl hat, es ist der Kinderersatz,
00:13:34: es ist die Projektion, wenn man seine eigenen Bedürfnisse nach Nähe oder was
00:13:39: auch immer nicht so erfüllen kann, wie man das gerne hätte, dass das auf das Pferd
00:13:44: übertragen wird und da eben versucht wird, eben dieses
00:13:49: Bedürfnis zu stillen, also tatsächlich eben Nähe und
00:13:53: Zuneigung zu diesem Lebewesen und das damit auch wirklich mit Liebe überschüttet
00:13:59: und dabei komplett aus den Augen verliert: Was braucht denn das
00:14:01: Pferd eigentlich wirklich?
00:14:03: Wie viel muss es denn auch wirklich mal gearbeitet werden, gesund zu bleiben?
00:14:08: Wie gesagt, Haltung und so weiter und so fort.
00:14:11: Und auf dem anderen Ende des Spektrums, sage ich mal, Die Menschen, die das eben
00:14:16: so gar nicht sehen, wo es vielleicht auch ein bisschen Macht
00:14:19: gehen kann und so weiter, die irgendwie einfach nur das
00:14:23: Pferd als funktionieren brauchen.
00:14:24: Also ich meine, historisch gesehen macht es Sinn, dass Pferde funktionieren mussten
00:14:28: und Nutztiere waren, aber aus den Zeiten sind wir ja jetzt doch eigentlich raus.
00:14:33: Aber es gibt ja immer noch die Fälle, wo das Pferd eben
00:14:37: benutzt wird, in Anführungsstrichen.
00:14:39: Und ja, da wäre jetzt meine küchenpsychologische Hypothese, dass der
00:14:44: da eben vielleicht auch einfach viel wirklich mit Macht zu tun hat.
00:14:49: Ja, also da bewegen wir uns ja dann so in der Frage: Was sind die Motive dafür,
00:14:55: warum Menschen überhaupt sich mit Pferden befassen oder auch reiten.
00:15:00: Dazu wurde auch mal eine Studie durchgeführt.
00:15:03: Da ging es eben darum, die Motive des Menschen zu erfassen.
00:15:06: Also grundsätzlich gehen wir davon aus, es gibt drei verschiedene Motive:
00:15:10: Das Leistungsmotiv, das Machtmotiv und das Anschlussmotiv.
00:15:13: Anschlussmotiv ist dann alles, was so sozial motiviert ist und Bindung fördert,
00:15:18: jetzt mal einfach runtergebrochen.
00:15:21: Und in dieser Studie wurde das Ganze noch ein bisschen differenziert,
00:15:26: hat sich betrachtet.
00:15:26: Ich meine – ich bin mir nicht ganz sicher, ich meine, dass es
00:15:30: eine sehr offene Fragestellung war und dass gar nicht diese drei Bereiche
00:15:36: konkret abgefragt wurden, die drei Motive nicht
00:15:39: abgefragt wurden, sondern eher offen gefragt wurde: Was sind die
00:15:42: Gründe dafür, dass geritten wird?
00:15:44: Es gab, glaube ich, auch einen Fragebogen.
00:15:46: Ich müsste dafür noch mal genauer nachschauen.
00:15:48: Wir verlinken das auf jeden Fall auch noch mal in den Show Notes.
00:15:50: Aber das Wichtige daran ist, dass auf der einen Seite sehr, sehr viele
00:15:53: Menschen befragt wurden, fast 2000 Menschen, 1800, glaube ich.
00:15:59: Das heißt, es ist schon eine recht repräsentative Studie gewesen, auch mit
00:16:02: sehr unterschiedlichen
00:16:06: Reitsportdisziplinen, die da durchgeführt wurden und auch mit Menschen,
00:16:10: die im Verein waren oder eben nicht im Verein waren.
00:16:12: Also das war schon so von der Repräsentativität her eine
00:16:16: ziemlich gute Studie.
00:16:17: Wie gesagt, ich glaube aber, dass die nicht so sehr auf die drei
00:16:22: Motive eingegangen ist.
00:16:24: Was sich da jedenfalls gezeigt hat, war, dass die Hauptmotive tatsächlich waren,
00:16:29: dass Menschen sich wohlfühlen wollen, entspannen wollen,
00:16:33: eine emotionale Bindung mit dem Pferd aufbauen wollen und auch der Naturbezug
00:16:39: eben eine große Rolle spielte.
00:16:41: Trotzdem konnten da aber auch Cluster gefunden werden,
00:16:44: also Die Freizeitreiter*innen haben eben schon eher das Wohlbefinden im
00:16:49: Vordergrund gehabt und auch den Ausgleich zur Arbeit, die Entspannung.
00:16:54: Da war das Leistungsmotiv dann eher untergeordnet und wie man sich das eben
00:16:57: auch denken würde bei den Freizeit-nei Nein Quatsch, bei den
00:17:01: Turnierreiter*innen war dann eben das Leistungsmotiv
00:17:05: deutlich stärker ausgeprägt.
00:17:06: Was hier eben aber nicht gefunden wurde, war das Machtmotiv.
00:17:10: Wobei, wie gesagt, ich noch mal nachschauen müsste,
00:17:12: ob das überhaupt konkret erfasst wurde oder ob es einfach nur in einer offenen
00:17:17: Assoziation nicht angegeben wurde.
00:17:20: Aber wenn wir uns noch mal die Philosophie angucken, waren die
00:17:24: genau vor diesem Punkt.
00:17:26: Also das, was du gerade gesagt hast, dass das auch zu wenig vermenschlicht werden
00:17:32: kann, das ist auch ein Punkt, den Philosoph*innen nennen.
00:17:35: Das ist dann auch wieder ein „-ismus", nämlich der Mechanomorphismus.
00:17:41: Sagt nichts anderes, als – klingt ja schon danach - Wir benennen das
00:17:45: Tier sozusagen als Maschine.
00:17:47: Wir nehmen eben sozusagen jegliche Form der Emotion, sprechen wir eben ab.
00:17:57: Und das ist dann alles, wo wir in den Bereich
00:18:01: kommen: Das Gehirn wirkt wie ein Computer, die Hinterhand ist der Motor,
00:18:05: das Pferd muss funktionieren.
00:18:07: Das sind schon diese sprachlichen Veränderungen im Vergleich zu
00:18:10: dem, was wir vorher hatten.
00:18:12: Und da haben wir natürlich dann wieder was, wo wir schnell in eine
00:18:15: Instrumentalisierung reinkommen, wo es wirklich nur noch Leistung und
00:18:18: Funktion geht, darum, dass das Pferd eben für uns das tut, was wir wollen.
00:18:24: Und dann reduzieren wir natürlich auch wieder die ganzen biologischen und
00:18:30: psychologischen Prozesse, die auch auf der Pferdebene ablaufen, auf
00:18:34: rein mechanische Abläufe.
00:18:36: Und da warnt tatsächlich sogar die Philosophie vor, dass wir
00:18:40: das nicht tun sollten.
00:18:41: Also auch da am besten irgendwo uns zwischen schwarz und weiß zu bewegen und
00:18:46: lieber die Grautöne schätzen zu lernen.
00:18:49: Ja, da sind wir wieder bei unserem Allseits-Thema.
00:18:51: Unser Lieblingsthema. Genau.
00:18:53: Es gibt nicht nur schwarz und weiß, irgendwo, wo ist der Grat zwischen, ja,
00:19:00: Ich kann das Pferd auch fordern und fördern und das darf auch Pferd sein und
00:19:07: wo kann ich ihm aber auf Augenhöhe begegnen, um das mal so zu
00:19:11: sagen und es ernst nehmen in seinen Emotionen.
00:19:17: Wie immer, es ist ein schmaler Grat und wir haben natürlich, oder ich zumindest,
00:19:23: haben jetzt auch sehr weit die beiden Extreme hier gezeichnet.
00:19:26: Wie gesagt, ich habe es eben, ich glaube, gesagt, das Spektrum.
00:19:30: Ich glaube, das trifft es ganz gut auch in dem Bereich, dass es da ja wirklich vom
00:19:35: einen Extrem ins andere gehen kann.
00:19:38: Ich glaube, da ist es tatsächlich wie immer unser Thema, das Maß macht es.
00:19:42: Wo finden wir die Mitte?
00:19:44: Wo können wir wirklich angemessen mit dem Pferd umgehen?
00:19:47: Und auch da natürlich wieder der Punkt: Wir können am Ende des Tages
00:19:51: immer nur interpretieren.
00:19:53: Aber je mehr wissen wir natürlich die Fakten haben, wie sich denn Pferde in
00:19:59: der Natur verhalten, was sie brauchen, wie sie überleben,
00:20:06: umso leichter kann man wahrscheinlich auch interpretieren,
00:20:09: was man jetzt gerade für eine Situation vor sich hat und eben auf das
00:20:13: Individuum im Pferd eingehen.
00:20:15: Das Thema Eindecken ist da ja, glaube ich, so ganz gut.
00:20:19: Da scheiden sich ja eh die Geister: Soll man überhaupt eindecken?
00:20:22: Wenn ja, was und wie viel?
00:20:24: Und es gibt Deckentermometer und was weiß ich.
00:20:27: Aber ich glaube, am Ende des Tages, wenn man sein Pferd man ein bisschen
00:20:30: beobachtet, kriegt man darüber das beste Gefühl.
00:20:34: Und auch wenn das Deckentermometer vielleicht sagt, die Decke ist warm genug,
00:20:37: wenn ich mein Pferd anmerke: Nein, das friert immer noch und es kommt mit diesen
00:20:41: Temperaturen nicht klar, dann kann man vielleicht auch tatsächlich
00:20:45: noch auf eine dickere Decke wechseln.
00:20:47: Genau.
00:20:48: Und umgekehrt natürlich genauso: Braucht das Pferd wirklich eine Decke, nur weil
00:20:52: alle anderen Pferde im Stall eine Decke anhaben oder ist ihm
00:20:55: vielleicht eigentlich zu warm?
00:20:56: Da gibt es ja genau das, was du gesagt hast.
00:20:59: Zum Glück mittlerweile auch aus der Wissenschaft, zum Beispiel die Horses
00:21:02: grimace Scale, wo man sich eben wirklich anschauen kann, was sagt
00:21:05: der Gesichtsausdruck? Ist das Pferd gestresst?
00:21:07: Ist es eher neutral gelaunt, sage ich mal, wenn man jetzt keine Emotionen da
00:21:13: rein interpretieren möchte.
00:21:15: Und das ist eben genau der Punkt, was du gerade gesagt hast.
00:21:18: Es ist immer ein Abwägen zwischen dem, was wir wissen und dem, was wir bei
00:21:24: unserem individuellen Pferd sehen.
00:21:25: Aber natürlich ist es absolut wichtig, dass wir das Wissen erst mal haben, eine
00:21:29: informierte Entscheidung treffen zu können, denn ansonsten ist
00:21:32: es ja reine Interpretation.
00:21:34: Und es wird natürlich einfacher zu interpretieren, wenn wir eine Basis
00:21:37: haben, auf der wir interpretieren können.
00:21:40: Ja, das ist unheimlich wichtig.
00:21:41: Da kann ich auch noch mal auch gleich auf den Menschen zurückspringen.
00:21:44: Ich hab vor ein paar Wochen einen Tageskurs gehabt, wo wir im Theorieteil
00:21:48: unter anderem genau das mal ausgiebig besprochen haben: Was
00:21:51: braucht denn mein Pferd eigentlich?
00:21:53: Weil das für, glaube ich, den Standardpferdemenschen tatsächlich auch
00:21:57: einfach im Alltag nicht so bewusst und relevant ist, wie viel Stunden
00:22:02: denn ein Pferd in der Natur tatsächlich auch einfach durch die Gegend wandert und
00:22:06: wie lange Pferde tatsächlich fressen und so weiter.
00:22:09: Also da gibt es ja auch Studien aus den 80ern, die das vergleichen
00:22:13: mit Boxenhaltung und so weiter, welche Anteile das im Tag hat.
00:22:17: Und ich glaube, das war tatsächlich für einige wirklich noch mal ein bisschen
00:22:21: augenöffnend und das war schon eine sehr offene, sehr aufgeschlossene Gruppe und
00:22:26: viel mit Offenstallhaltung und so weiter.
00:22:29: Also das war ja schon hoch angesetzt.
00:22:31: Das ist ja auch nicht bei jedem so der Fall.
00:22:33: Es gibt mit Sicherheit auch Menschen, die haben überhaupt keine
00:22:36: Ahnung, die haben halt ein Pferd, weil sie gerne ein Pferd haben wollen und haben
00:22:39: vorher sich kaum damit beschäftigt.
00:22:40: Die Fälle gibt es ja auch.
00:22:42: Aber das finde ich tatsächlich auch Für mich...
00:22:45: In der Vorbereitung war ich auch so manches Mal noch mal: krass.
00:22:49: Ja, so lange tatsächlich!
00:22:50: Auch wenn man die Zahlen eigentlich alle schon mal gesehen hat, aber sich die dann
00:22:54: immer mal wieder noch mal ins Gedächtnis zu rufen, ist wirklich dann auch krass.
00:23:00: Und da, wo ich gerade hinwollte, mit auf den Menschen übertragen,
00:23:04: da fand ich das nämlich sehr spannend.
00:23:05: Wir haben so ein paar Trockenübungen gemacht, sage ich mal, ohne Pferde.
00:23:09: Und auch da, es ist ja immer eine Interpretation und ich habe die Übung
00:23:13: angeleitet und habe so ein bisschen die Dynamik unter den Leuten beobachten können
00:23:17: und sehen können und hatte da zum Beispiel auch bei einer Person eine vollkommende
00:23:23: Fehleinschätzung, im Theorieteil ohne das Pferd und hätte die Person
00:23:27: ganz, ganz anders eingeschätzt.
00:23:29: Und als ich dann das betreffende Pferd dazu gesehen habe, hat das alles so Sinn
00:23:33: gemacht und das hat sich für mich ein völlig anderes Bild von dieser Person
00:23:37: ergeben, weil in dieser Konstellation mit diesem Pferd macht das total Sinn, wie die
00:23:43: sich verhalten hat und dass die ganz, ganz fein war und ja,
00:23:47: dass ich das vorher tatsächlich, aber dieses fein und dieses ganz wenige machen,
00:23:51: eher als stumpf gesehen habe und wenig Körpergefühl und dass
00:23:56: sie das gar nicht so zeigen kann.
00:23:58: Und das krasse Gegenteil war der Fall.
00:24:01: Die hat so wenig gemacht, weil sie nur so wenig brauchte bei diesem Pferd, weil das
00:24:05: so hochgradig empfindlich, kann man da wahrscheinlich schon fast sagen,
00:24:09: dass sie nicht stumpf war, sondern total präzise, was aber aus meiner menschlichen
00:24:14: Sicht ganz, ganz anders rüberkam.
00:24:16: Also auch da ist ja noch mal tatsächlich der Faktor jetzt nicht so direkt mit
00:24:21: Vermenschlichen zu tun, aber da sind wir eben wieder bei diesem Punkt
00:24:23: Interpretation, dass man irgendwie immer dieses Gesamtbild
00:24:27: braucht oder dass es einem manchmal auch ganz gut tut, das vielleicht nicht zu
00:24:31: haben und von außen drauf zu gucken, einzelne Situationen zu begutachten und
00:24:36: dann aber im Kontext mit den Leuten, die es betrifft, die dieses ganze
00:24:42: Hintergrundwissen haben, einordnen zu können.
00:24:45: Ja, total.
00:24:46: Also das ist ein ganz, ganz spannendes Thema, was man natürlich beim Pferd
00:24:50: auch ganz, ganz deutlich oft sieht.
00:24:52: Genau das Gleiche, was du gerade beschrieben hast.
00:24:53: Die Pferde, die dann vermeintlich nichts machen, aber denen das
00:24:58: vielleicht eigentlich nicht zu wenig ist, was da in Hilfen gegeben wird, sondern
00:25:01: eigentlich schon deutlich zu viel.
00:25:03: Das sieht man da ja auch häufig.
00:25:05: Und dann kann leider die Interpretation eben sein: „Da musst du mal draufhauen,
00:25:11: dann geht das schon, der braucht das, der ist abgestumpft Und eigentlich bräuchte
00:25:16: er vielleicht genau das Gegenteil.
00:25:17: Also genau die gleiche Situation kann man ja beim Pferd auch sehen, wie das, was du
00:25:23: jetzt bei dem Menschen beschrieben hast.
00:25:26: Ja, ich glaube, dass es gerade bei diesen Pferden, die passive Stresstypen sind
00:25:31: und die so viel einfach aushalten.
00:25:33: Ganz, ganz oft verkannt, dass anstatt immer mehr Druck und sich da mal
00:25:37: jetzt durchsetzen und so weiter, manchmal auch einfach eine Pause vielleicht
00:25:42: das einfache Mittel wäre, dass die diese Situation schon entspannen würde.
00:25:47: Ja, absolut.
00:25:50: Ich habe mir im Vorfeld so ein paar ganz konkrete Sachen rausgeschrieben, die ich
00:25:55: gerne noch kurz ansprechen würde, weil ich manchmal das Gefühl habe, dass wir hier in
00:25:58: dem Podcast vielleicht nicht konkret genug werden und ich das gerne an der
00:26:02: Stelle mal ein bisschen ändern möchte.
00:26:04: Das eine hast du schon angesprochen, das Eindecken.
00:26:07: Das andere, was mir aber noch eingefallen ist beim Thema Vermenschlichen,
00:26:11: ist zum einen das Füttern von warmem Mash, wenn es draußen kalt ist,
00:26:16: was ja auch häufig mit der Intention passiert, dass wir Menschen ja gerne mal
00:26:21: was Warmes essen oder trinken, wenn es kalt ist und dass das sehr gut tut,
00:26:25: wo man meines Wissens nach mittlerweile weiß, dass das
00:26:29: aufgrund der anderen Physiologie beim Pferd so gar nicht ankommt.
00:26:32: Ich glaube aber, damit schadet man in der Regel dem Pferd eher
00:26:37: nicht, sofern man jetzt keine Massen von Mash füttert.
00:26:42: Das Gleiche gilt so ein bisschen für das Thema: Die Pferde brauchen doch bestimmt
00:26:46: mal Abwechslung im Futter und verschiedene Futtersorten anbieten.
00:26:50: Da haben wir natürlich auch wieder einen schmalen Grat.
00:26:52: Das ist auch ein starkes Vermenschlichen, weil wir nicht jeden Tag
00:26:56: das Gleiche essen wollen.
00:26:58: Und der Pferdekörper aber natürlich darauf ausgelegt, immer wieder das
00:27:01: Gleiche zu sich zu nehmen.
00:27:04: Da kann so ein bisschen Abwechslung natürlich mal schön sein, als Enrichment
00:27:07: speziell, dass das Pferd mal etwas anderes an Reizen präsentiert bekommt.
00:27:12: Aber wenn wir es übertreiben, können wir dem Pferd natürlich auch schaden.
00:27:16: Es kann natürlich auch eine Kolik entwickeln.
00:27:18: Und der letzte oder eigentlich die letzten beiden Punkte, die ich noch nennen
00:27:23: möchte, sind einmal das Schlafverhalten.
00:27:26: Das hatten wir eben auch kurz angesprochen.
00:27:28: Das ist nämlich auch so ein Punkt: Das Pferd schläft nicht so
00:27:33: wie wir die ganze Nacht. Das braucht auch nachts Futter.
00:27:36: Das ist was, was ich häufig erlebe, dass Menschen auch jetzt mal gar nicht im
00:27:41: Pferdebereich, aber wenn ich mit Menschen spreche, die nichts mit Pferden zu tun
00:27:43: haben, dass die das nicht wissen, dass so ein Pferd eben nicht sich abends
00:27:47: hinlegt und dann morgens wieder aufsteht und die ganze Nacht durchschläft.
00:27:51: Das tun sie wirklich nicht.
00:27:53: Sie schlafen nur sehr kurze Zeit am Stück und auch bei weitem nicht so lange über
00:27:57: den Tag verteilt wie wir insgesamt.
00:28:00: Und das Letzte, jetzt wirklich Letzte, ist das Thema Husten.
00:28:04: Da sehe ich nämlich ganz, ganz, ganz oft das Thema „Wir husten doch auch mal, der
00:28:11: hat sich verschluckt, oder weiß ich nicht.
00:28:15: Ich koche dem jetzt mal einen Tee, dann wird das auch besser.
00:28:18: Und vielleicht bin ich da einfach sehr vorbelastet und bin da ein gebranntes
00:28:22: Kind, weil ich mit Lungenpferden schon häufiger zu tun hatte, auch selber.
00:28:28: Das ist wirklich ein Punkt, wo ich sage: Bitte, bitte, Bitte nicht vermenschlichen,
00:28:31: weil wir einfach heute davon ausgehen, dass der Husten beim Pferd ein Spätsymptom
00:28:36: ist und da schon sehr viel vorher passiert ist und dass ein Pferd normalerweise nicht
00:28:40: einfach mal so hustet und da bitte wirklich
00:28:46: darauf geachtet werden sollte, weil sich da ganz schnell auch eine chronische
00:28:50: Lungen-Geschichte daraus entwickelt und das freut dann weder Pferd noch Mensch.
00:28:56: Ja, das ist noch mal ein guter Hinweis.
00:28:58: Und was mir gerade noch eingefallen ist am konkreten Beispiel,
00:29:02: ist ja ganz einfach das Thema Bodenarbeit und Kommunikation zwischen Mensch-Pferd.
00:29:08: Da werden dann ganz oft von den Menschen wie selbstverständlich irgendwelche
00:29:13: Stimmkommandos benutzt oder auch Fingerzeig oder
00:29:17: irgendwas, die für das Pferd ja erst mal überhaupt keine Bedeutung haben.
00:29:21: Also wenn ich mich jetzt vor irgendeinem Pferd stelle oder daneben stelle und mit
00:29:25: ihm losgehe und ihm einfach nur Sche-Ritt sage, wird es wahrscheinlich
00:29:30: nichts damit anfangen können.
00:29:31: Natürlich kann man das alles konditionieren und verknüpfen, dass das
00:29:34: Pferd damit auch dann am Ende des Tages weiß, was es zu tun hat.
00:29:38: Aber das ist was, was ich ganz, ganz viel sehe in der Praxis, dass
00:29:41: anstatt die eigene Körpersprache, die das Pferd noch am ehesten verstehen kann.
00:29:45: Auch da kann es immer wieder Missverständnisse geben, aber das ist nun
00:29:49: mal das, worauf die Pferde am krassesten reagieren.
00:29:51: Aber dann ist quasi null Prozent Körperspannung und
00:29:54: 200 Prozent Gertenwedeln und das Pferd macht trotzdem nichts,
00:29:58: weil die Intention dafür, dass das Pferd keinen Sinn ergibt
00:30:02: und somit das nicht versteht.
00:30:04: Und die Menschen stehen da und verausgaben sich und geben ganz, ganz viel Mühe da
00:30:09: rein, dass jetzt dieses Gertenwedeln vielleicht noch einen Ticken intensiver
00:30:12: ist, auch wenn sie das Pferd gar nicht berühren.
00:30:14: Also ich sag jetzt gar nicht, dass sie das Pferd verdreschen, sondern wirklich dann
00:30:17: da stehen und wedeln und versuchen, irgendwie so einen Schritt aus
00:30:19: diesem Pferd rauszukriegen.
00:30:23: Und aber das, was sie mit ihrem Körper sagen, überhaupt nicht dazu passt, sodass
00:30:28: das Pferd einfach da steht und kaum reagiert oder gar nicht reagiert.
00:30:34: Und das dann tatsächlich ganz oft ist, wenn ich die Pferde übernehme und
00:30:39: was vormache, die bei mir völlig anders reagieren, weil ich
00:30:43: eine ganz andere Präsenz habe durch meine Körpersprache.
00:30:46: Und auch andersherum hatte ich das schon bei Kursen, dass ich da stand als Schüler
00:30:50: und irgendwie einfach nicht weitergekommen bin und dann hat jemand anders das Pferd
00:30:54: übernommen und zack, sofort hat es funktioniert, weil ich da auch irgendwas
00:30:57: gemacht habe, was ich nicht so steuern konnte, wie ich es gerne hätte.
00:31:02: Das hat ja jetzt gar nicht mal was damit zu tun.
00:31:07: Wie drücke ich das aus?
00:31:08: Da ist ja niemand total perfekt.
00:31:11: Nein, absolut nicht.
00:31:12: Das ist ja immer wieder für alle ein gleiches Thema.
00:31:16: Das schadet auch nie, dass da mal jemand von außen drauf guckt, aber das ist
00:31:19: tatsächlich was, was ich so sehr stark sehe tatsächlich im Umgang,
00:31:24: dass überhaupt kein Bewusstsein dafür da ist, dass überhaupt
00:31:27: viele Leute, gerade eher im Anfang das einfach gar nicht wissen, weil die kennen
00:31:32: dann vielleicht irgendwelche Reitschulpferde, die eh treudoof hinterher
00:31:36: dackeln, wenn man sie dann mal am Strick nimmt oder die eh nur reinschnappen und
00:31:41: nicht mehr irgendwie kooperieren wollen dass die dann, wenn die sich dann
00:31:47: plötzlich ein eigenes Pferd oder eine Reibeteiligung oder irgendwas schnappen,
00:31:52: gar nicht klarkommen, weil die überhaupt nicht wissen,
00:31:55: wie sie so ein Pferd zu bedienen haben in ganz, ganz großen Anführungszeichen, weil
00:32:01: einfach das Wissen überhaupt nicht da ist, wie die Kommunikation dann mit
00:32:04: dem Pferd überhaupt funktioniert.
00:32:07: Absolut.
00:32:07: Und was daraus natürlich auch oft entsteht, ist dieser Glaubenssatz von
00:32:11: Mein Pferd hat keinen Spaß an Bodenarbeit.
00:32:14: Ich sage das jetzt so reflektiert, aber genau in diese Falle bin ich
00:32:18: halt selber auch getappt.
00:32:19: Also ich habe früher auch gesagt: Nein, meine Elayne hat keinen
00:32:22: Spaß an Bodenarbeit.
00:32:24: Hat die keine Freude dran.
00:32:26: Er hat sich herausgestellt, doch hatte sie sehr viel Freude daran, nur ich
00:32:30: wusste nicht, was ich da mache.
00:32:31: Ist jetzt schon viele Jahre her, aber diesen Fehler habe ich selber eben auch
00:32:36: erst spät erkannt und das sehe ich recht häufig.
00:32:39: Ist immer ein bisschen schade für Pferd und Mensch, glaube ich, aber es ist
00:32:43: ganz schön, wenn man dann später darauf zurückblickt und merkt,
00:32:46: da habe ich vielleicht auch rein interpretiert und mein Pferd
00:32:50: vermenschlicht.
00:32:50: Ja, und wenn wir dann da so rauskommen, können wir ja super viel auch einfach
00:32:54: über uns und über die Pferde lernen.
00:32:55: Das ist einfach so, so wichtig, gerade die Bodenarbeit.
00:32:59: Ich meine, da bin ich ja ein Fan von.
00:33:01: Aber Lea, du hast gerade schon kurz von dem Kurs gesprochen, den du gemacht hast.
00:33:05: Was genau ist das für ein Kurs und was macht ihr da?
00:33:08: Ja, das ist ein Kurs, der immer noch keinen so
00:33:11: richtigen Namen hat, aber es ist irgendwie eben genau dieses Thema rund Bodenarbeit.
00:33:17: Wie kommuniziere ich denn mit meinem Pferd?
00:33:19: Was braucht mein Pferd, zufrieden zu sein?
00:33:22: Was braucht mein Pferd, lernen zu können?
00:33:24: Wie lernt mein Pferd eigentlich?
00:33:26: Also wie funktionieren eben solche Konditionierungen und so weiter,
00:33:28: von denen wir eben gesprochen haben.
00:33:30: Wie setze ich meinen Körper ein, mit ihm zu kommunizieren und so weiter?
00:33:35: Also auch da kann ich gerade einmal noch zurückgehen.
00:33:39: Du hast eben gesagt, du hast auch mit Bodenarbeit
00:33:42: beziehungsweise du hast gesagt, Elaine hat keinen Spaß an Bodenarbeit gehabt.
00:33:45: Ich habe auch ganz, ganz lange gesagt: Bodenarbeit ist super sinnvoll, aber
00:33:49: ich habe einfach keinen Zugang dazu.
00:33:52: Also so wahnsinnig lang ist das noch gar nicht her.
00:33:55: Ich glaube, das kam bei mir tatsächlich erst mit der Ausbildung so richtig.
00:33:58: Das ist ja jetzt tatsächlich noch nicht so wahnsinnig lange.
00:34:02: Aber wenn man eben diesen Zugang hat mit dem Pferd, finde ich, kann man da so
00:34:08: wahnsinnig viel eben mitnehmen, weil man eben vielmehr auch
00:34:12: sein Pferd versteht und eben Bedürfnisse bestehen kann und damit viel
00:34:17: weniger in Konflikte gerät.
00:34:18: Also genau dafür ist eben unter anderem auch dieser Kurs da, wie gesagt, also
00:34:22: ein Theorieblock, in dem wir einmal besprechen,
00:34:25: was eben die Bedürfnisse eines Pferdes sind, wie wir die erfüllen können
00:34:29: und so weiter.
00:34:30: Aber dann geht es natürlich auch in die Praxis.
00:34:33: Ich habe es eben schon angesprochen, es gab auch ein paar Trockenübungen
00:34:36: ohne Pferd für die Menschen untereinander, wo sie schon mal üben können, was immer
00:34:40: schon sehr viel Aha-Momente gibt, aber dann eben natürlich auch das Ganze mit dem
00:34:43: eigenen Pferd übertragen und da ein paar neue Ideen und Anreiz zu bekommen.
00:34:50: Das klingt richtig, richtig gut.
00:34:52: Und hast du denn da jetzt gerade noch Termine, die geplant sind, oder
00:34:55: müsste man dann noch neues planen?
00:34:57: Direkt geplant ist noch nicht.
00:34:59: Ich habe aber auf jeden Fall vor, das dieses Jahr noch ein paar Mal
00:35:03: stattfinden zu lassen.
00:35:04: Also wer sich jetzt hier berufen fühlt, wer denkt: „Das klingt total interessant,
00:35:09: das möchte ich unbedingt mal erleben, oder ich habe ein paar Freundinnen, mit denen
00:35:12: ich das gerne auch machen würde bei uns am Stall dürft ihr gerne euch melden.
00:35:17: Die Kontaktdaten sind mir wie immer in den Shownotes oder mir einfach direkt
00:35:21: eine Mail an info@leaschneider. de schicken.
00:35:23: Ich fahre auch quasi überall hin, wo Deutsch gesprochen wird dafür.
00:35:29: Also da sind erst mal keine Grenzen.
00:35:31: Ich bin natürlich hier in NRW.
00:35:32: Alles, was hier im Umkreis ist, ist natürlich immer ein bisschen einfacher,
00:35:35: aber prinzipiell bin ich gerne bereit, da hinzukommen, wo ihr mich braucht, ob das
00:35:42: ein Tag ist oder man das auf zwei Tage ausdehnt, ist auch beides möglich.
00:35:48: Da würde ich mich auf jeden Fall sehr freuen, wenn ich das dieses Jahr noch ein
00:35:51: paar Mal stattfinden lassen kann, weil das war der erste Test, wie das
00:35:55: ganze Konzept denn so aufgeht.
00:35:56: Und außer, dass ich ein bisschen die Zeit unterschätzt habe, hat das tatsächlich
00:35:59: alles sehr schön hingehauen und das war eine superharmonische Gruppe und deswegen
00:36:04: habe ich jetzt ein bisschen Blut geleckt, das dieses Jahr noch ein
00:36:07: paar Mal öfter zu erleben.
00:36:08: Ja, das kann ich gut verstehen und vielleicht passt es ja wirklich, dass
00:36:12: jemand jetzt daran Interesse hat und sich dann weil ihr meldet, das, glaube
00:36:16: ich, da können beide Seiten davon profitieren.
00:36:18: Das Schöne ist, es funktioniert ja auch unabhängig der Jahreszeit.
00:36:22: Das war jetzt ja tatsächlich auch explizit für den Winter gedacht,
00:36:26: weil eben die Frage ist: Was kann ich denn im Winter mit meinem Pferd überhaupt
00:36:29: machen, wenn die Witterungsbedingungen nicht so gut
00:36:35: sind und man nur wenig machen kann.
00:36:36: Das Gleiche gilt ja auch für den Hochsommer, wo auch nur begrenzt
00:36:40: Möglichkeiten da sind und man jetzt nicht, weiß ich nicht, den Distanzritt vielleicht
00:36:44: in der was Hitze planen sollte, sondern eben, dass wir da ein paar Impulse sammeln
00:36:50: können, was ich denn mit meinem Pferd auch sonst noch so machen kann, wenn gerade
00:36:54: eben nicht so viel geht oder auch mit einem alten Pferd oder
00:36:56: wie auch immer, aber natürlich gerne auch mit jedem jungen, gesunden Pferd.
00:37:00: Das ist halt das Schöne, das geht erst mal mit jedem Pferd unter
00:37:04: fast jeden Bedingungen.
00:37:07: Das ist wirklich viel wert.
00:37:10: Ja, sehr schön.
00:37:11: Ich denke, wir packen alle wichtigen Infos auch noch mal in die Show Notes, genauso
00:37:15: wie alle Studien, die ich jetzt gerade erwähnt habe in der Folge.
00:37:19: Und ich fände es superspannend, ob euch jetzt noch irgendwas eingefallen ist, wo
00:37:23: ihr vielleicht eure Pferde vermenschlicht oder ihr es schon mal erlebt
00:37:28: habt, das andere zu machen.
00:37:30: Ich würde mich total freuen, wenn ihr uns dazu eine Nachricht schreiben würdet,
00:37:34: falls euch noch was einfällt und natürlich auch, ob euch das jetzt was gebracht hat
00:37:38: oder nicht, was wir hier diskutiert haben.
00:37:39: Und damit würde ich sagen, verabschieden wir uns jetzt auch für die heutige Folge.
00:37:43: Danke, dass ihr zugehört habt. Tschüss.
00:37:46: Danke fürs Zuhören bei dieser Folge von Psycholohü.
00:37:49: Wenn sie dir gefallen hat, hinterlass uns doch eine positive Bewertung
00:37:53: und teile die Folge.
00:37:54: Wir freuen uns über Feedback, Themenwünsche und deine
00:37:56: Gedanken zum Thema.
00:37:57: Du findest Karina auf Instagram unter @Begegnung_Pferd und @carinawarnstaedt.
00:38:01: Autorin.
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